Ist Ihr Hund dominant oder unterwürfig? Verhalten deuten
Es ist ein Irrglaube, dass Hunde entweder dominant oder unterwürfig sind. Tatsächlich kann derselbe Hund in unterschiedlichen Situationen ganz verschiedenes Verhalten zeigen. Dominanz hat im Übrigen nichts mit Ungehorsam zu tun, sondern zeigt lediglich, wer in der Hierarchie in dem Moment weiter oben steht.
Wer seinen Hund als grundsätzlich dominant oder unterwürfig bezeichnet, wird der Komplexität des Hundeverhaltens nicht gerecht. Ein Vierbeiner, der zu Hause bei seinen Hundefreunden an der Spitze der Rangordnung steht, kann auf der Hundewiese fremden Artgenossen gegenüber Beschwichtigungssignale äußern und damit devotes Verhalten zeigen. Auch sollte Dominanz keine Ausrede für Fehler in der Hundeerziehung sein.
Hund ist dominant: Körpersprache und Verhalten
Verhält sich ein Hund dominant, lässt sich das recht klar an seiner Körpersprache erkennen. Er macht sich möglichst groß, wirkt selbstsicher und gibt den Ton an. So hält er beispielsweise seinen Kopf aufrecht, der Körper ist durchgedrückt und die Ohren hoch erhoben und nach vorne gerichtet. Er hält Blicken stand oder starrt möglicherweise, die Rute ist hoch erhoben und wedelt in einem langsamen, ruhigen Tempo – als würde er eine Fahne schwenken. Dominante Hunde legen ihren Kopf oder ihr Kinn auf den Rücken oder die Schulter ihrer Artgenossen. Hat sich der unterwürfige Vierbeiner auf den Rücken gerollt, steht das dominante Tier womöglich über ihm.
Dominante Hunde, beziehungsweise die Tiere, die den höchsten Status genießen, dürfen über Ressourcen bestimmen; das bedeutet aber nicht, dass sie immer vor allen anderen essen, sich zuerst ein Spielzeug aussuchen dürfen oder stets vorangehen. Es kommt darauf an, was dem "Alpha"-Hund wichtig ist. Worauf er Wert legt, macht er seinen vierbeinigen Mitbewohnern klar, und die überlassen ihrem "Rudelführer" seine Privilegien.
So benimmt sich ein Hund, der unterwürfig ist
Beschwichtigungssignale sind stets ein Zeichen dafür, dass Ihr Hund sich in diesem Moment unterwürfig gibt. Er zeigt mit seiner Körpersprache und seinem Verhalten, dass er keine Bedrohung ist, dass er in friedlicher Absicht kommt und nicht vorhat, dem dominierenden Artgenossen sein Revier, Futter, Spielzeug oder Platz in der Rangordnung streitig zu machen. Er macht sich möglichst klein, beugt oder senkt seinen Körper und hält die Ohren niedrig. Die Rute ist gegebenenfalls eingekniffen oder zumindest gesenkt. Unterwürfige Hunde drehen sich zudem oft auf den Rücken und zeigen ihren Bauch, eine verwundbare Stelle.
Im Spiel wechseln sich Hunde zwischen unterwürfig und dominant ab, mal darf der eine, mal der andere die Rolle des "Alphatiers" spielen. Wichtig ist, dass sowohl dominantes als auch unterwürfiges Verhalten für Hunde normal und nützlich ist; das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere.
Achtung! Dominanz und Erziehungsfehler nicht verwechseln
Ein nach wie vor weitverbreiteter Irrtum in Sachen Hundeerziehung ist, dass der Mensch als Rudelführer seinen Hund dominieren müsste. Um das zu bewerkstelligen, werden Regeln empfohlen, die teilweise sehr dogmatisch anmuten. Der Vierbeiner dürfte immer nur als Letzter durch die Tür, dürfte erst sein Futter bekommen, wenn die Menschen aufgegessen haben, und müsste immer bestraft werden, wenn er gegen diese Regeln aufbegehrt.
Befürworter dieser Theorie übersehen dabei, dass Hunde nicht ungehorsam sind, um zu rebellieren und ihre Menschen zu ärgern – schließlich sind sie keine pubertierenden Teenager. Hält ein Vierbeiner sich nicht an bestimmte Regeln, dann weiß er entweder nicht, dass diese Regeln existieren, oder hat nicht verstanden, was Sie im entsprechenden Moment gerade von ihm wollen. Ungehorsam ist also ein Symptom für eine fehlgeschlagene Erziehung oder Missverständnisse in der Hund-Mensch-Kommunikation. Für Sie ist das eine Chance, zu lernen, Ihren Vierbeiner besser zu verstehen und sich besser auf ihn einzustellen. Im Ratgeber "Wie Ihr Hund Kommandos besser versteht: 5 Tipps" finden Sie Hinweise, wie sich die Kommunikationspannen beheben lassen.
Diese Themen zur Hundeerziehung könnten Sie auch interessieren:
TeamSchule – Mensch und Hund
Respektiere dein Gegenüber – dann wirst auch du respektiert
Der dominante Hund
Der dominante Hund…ein weiterer Irrtum über hündisches Verhalten, welcher sich leider immer noch hartnäckig hält.
„Die Dominanztheorie ist wahrscheinlich die am häufigsten missverstandene, allgemein angewendete Verhaltenstheorie im Bereich des Hundeverhaltens. Sie wurde in der Vergangenheit entwickelt, um das Sozialverhalten von Hühnern zu erklären und vorherzusagen. Dann wurde diese Theorie auf andere Tierarten ausgeweitet, einschliesslich eines nahen Verwandten des Hundes, den Wolf.“ (James o’Heare – Die Dominanztheorie bei Hunden)
Bild zeigt Spielsequenz
Mein Hund ist dominant…
Was wird dem Hund unter dem Deckmantel der Dominanz nicht alles unterstellt:
- Folgt er nicht, ist er dominant
- Will er sein Spielzeug nicht ausgeben, ist er dominant
- Will er als erstes durch die Türe, ist er dominant
- Rempelt er seinen Besitzer an, ist er dominant
- Wird der Hund beim Anblick eines anderen Hundes steif und läuft hocherhobenen Hauptes auf ihn zu , ist er dominant
Es ist ja so einfach und die Erziehungsratschläge schnell zur Hand. Der Hund muss nur lernen wo sein Platz ist und wer der Chef ist und schon sind alle Probleme gelöst.
Ganz oft wird auch heute noch Ungehorsam und offensive Aggressivität mit Dominanz gleichgesetzt. Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun. Deshalb machen auch Erziehungsmodelle keinen Sinn, welche den vermeintlich „dominanten“ Hund an seinen Platz verweisen wollen. Im Gegenteil, sie verschlimmern das Ganze oft noch.
Viel besser wäre es, seinem Hund zur Seite zu stehen und ihm für solche Situationen ein Verhalten beizubringen, welches mit den oben aufgeführten, unerwünschten Verhalten nicht vereinbar ist.
Und ganz oft müssen wir uns bei diesen Verhalten selbst an der Nase nehmen. Sei es, weil wir es versäumt haben, unseren Hund so zu erziehen und auszubilden, dass er weiss, was wir von ihm erwarten. Ohne ihn dabei zum reinen Befehlsempfänger oder Abspuler von Tricks zu degradieren (wozu für mich auch Sitz, Platz und Fuss zählen). Oder weil wir ihn immer wieder Situationen gebracht haben, die ihn überforderten, und dies nicht wahrgenommen haben.
Aber auch wenn dies alles nicht zutrifft, gilt es erst einmal zu verstehen, was Dominanz ist bzw. nicht ist, bevor man seinen Hund in diese Schublade steckt.
Wer ist hier dominant?
Erst einmal zur heute allgemein anerkannten Definition: Dominanz ist keine feststehende Eigenschaft eines Lebewesens sondern sie sagt etwas über die augenblickliche Beziehung von ihm zu seinem Gegenüber aus. Das heisst, einer der dominiert, zeigt genau in dem Moment ein Verhalten mit dem er seine Interessen gegenüber Anderen durchsetzen möchte und ggf auch kann.
Somit gehören zu einer Dominanbeziehung immer mindestens zwei: Einer der dominiert und der andere, der sich dominieren lässt. (G.Bloch, E. H. Radinger – Wölfisch für Hundehalter)
„Tiere, die regelmässig mit denselben Artgenossen um Ressourcen (soziale Zuwendung, Futter, Liegeplätze, Sexualpartner etc.) konkurrieren, können untereinander Dominanzbeziehungen ausbilden. Soziale Dominanz ist EIN Aspekt einer sozialen innerartlichen Beziehung!“ (Dr. Ute Blaschke-Berthold).
Situative und formale Dominanz
Spricht man von Dominanz, muss man aber auch zwischen einer situativen, das heisst aktuell ausgeübten sowie der formalen, auf Langzeitbeziehungen ausgerichteten Dominanz, unterscheiden.
Situative Dominanz
Situative Dominanz bezieht sich immer auf den Moment und auf die augenblicklich involvierten Individuen. Wer sich hier mit seinem Verhalten durchsetzt, dominiert die Situation egal ob es sich dabei um einen Menschen oder Tier handelt. Auch Geschlecht, Rang und Alter sind nebensächlich.
Der Hund will seinem Gegenüber mit diesem Verhalten zeigen, dass ihm etwas im Augenblick so wichtig ist, dass er es beschützen, verteidigen oder nehmen wird. Sei dies den Besitz einer Ressource, die Einhaltung einer Individualdistanz, das Beibehalten des Liegeplatzes, die Nähe zu seinem Menschen usw…
Typische Merkmale der situativen Dominanz sind das Vorpreschen, das Bellen, Abschnappen, das Über-die-Schnauze-fassen (nicht drücken!) und andere Abbruchsignale – alles Verhalten aus der defensiven Aggression (Udo Ganslosser – Veraltensbiologie für Hundehalter).
Im Normalfall wird dies vom Gegenüber auch anstandslos akzeptiert. Und wenn nicht, so kommt es auch hier in der Regel zu keinen aggressiven Übergriffen, vielmehr beharrt der mental Stärkere mit subtilen Mitteln auf seinem Recht, das Gewünschte einzufordern.
Die situative Dominanz darf in einer Hundegruppe sowohl von einem ranghohen als auch rangtiefen Hund, dem alten und dem jungen Hund angewandt werden, ohne dass dabei irgendwelche Strukturen in Frage gestellt oder neue gebildet werden Das gilt auch in der Beziehung zu seinem Menschen.
Ein weiteres Merkmal der situativen Dominanz ist, dass sie fliessend ist. Denn auch bei der situativen Dominanz handelt es sich um kein Charaktereigenschaft sondern um ein in diesem Moment gezeigtes Verhalten welches ganz schnell wechseln kann:
Nimmt ein Welpe seinem Bruder den Knochen weg, so handelt er in dem Moment dominant gegenüber seinem Geschwister. Fordert die Mutterhündin den Knochen anschliessend wiederum erfolgreich von ihm ein, wird dieser nun von ihr dominiert.
Aber auch ausserhalb von festen Hundegruppen treffen wir immer wieder auf die situative Dominanz:
Je nach Gegenüber kann sich der gleiche Hund bei einer zufälligen Hundebegegnung gross zur Show stellen und den Anderen damit auf Distanz halten, während er sich bei der nächsten unterwürfig und zurückhaltend gibt.
Hundebegegnung – beide versuchen sich darzustellen. Zeigen aber gleichzeitig klare Calming Signals und Konfliktsignale
Formale Dominanz
Bei der formalen Dominanz, auch soziale Dominanz genannt, kümmert sich der Dominante langfristig um die Sicherheit und Geborgenheit der Gemeinschaft, setzt bei Bedarf aber auch den eigenen Willen gegen die Anderen durch. Dazu gehört zum Beispiel das Recht, anderen Gruppenmitgliedern den einzuschlagenden Weg vorzugeben, Pausen einzufordern oder das Signal für die Jagd zu geben. Dazu gehört aber auch, in Gefahrenmomenten die Verantwortung zu übernehmen.
Zu erkennen ist die formale Langzeitdominanz daran, dass der Dominante regelmässig und vorhersagbar seine Interessen gegen einen oder mehrere Andere durchsetzen kann, ohne dafür körperliche Gewalt anwenden zu müssen.
Je attraktiver dabei seine Eigenschaften für die Gemeinschaft sind (in der Regel handelt es sich um den Erfahrensten mit der grössten Führungskompetenz und dem meisten Nutzen für die Gemeinschaft) desto leichter fällt es den Anderen die Privilegien abzugeben.
Was manchmal auch ganz schön angenehm für die Gefolgsleute ist. Denn Führen ist nicht einfach immer nur schön. Führen heisst auch Verantwortung übernehmen und für die Sicherheit und das Wohlergehen der anderen zu sorgen.
Damit ist auch klar, dass sich eine formale Dominanz immer nur in festen Beziehungen und nie zwischen zwei sich zufällig treffenden Lebewesen entwickeln kann.
Bei der formalen Dominanz muss der Dominante seine Ansprüche aber auch nicht zwingend und immer einfordern. Er verliert deshalb weder an Ansehen noch seine Position, wenn er dem anderen etwas zugesteht…sei es eine Ressource oder wer zuerst durch dir Türe geht. Auch sagt eine formale Dominanz nicht zwingend etwas über eine Rangordnung aus.
Die Dominanzbeziehung wird immer von unten nach oben gefestigt, d.h. die anderen bestätigen durch ihr Verhalten, dass sie Dominanz des Gegenüber anerkennen, er muss sie sich nicht durch Kampf oder Aggression erkämpfen – das heisst ohne Gefolgsleute gibt es auch keinen Anführer.
Typische Merkmale der formalen Dominanz sind deshalb die ruhige souveräne Ausstrahlung des Dominanten sowie das devote Verhalten der anderen in der entsprechenden Situation.
Daher darf man sich zum Beispiel beim Nachhausekommen auch ohne irgendwelche negativen Gefahren für die Beziehung von seinem Hund begrüssen lassen.
Auch ist es für die Beziehung toll, wenn zwischendurch auch mal der Hund bestimmen darf wo’s langgeht oder sich sein Besitzer klein macht, damit sich ein gemeinsames Spiel entwickeln kann. Der Starke muss sich und den Anderen nicht permanent beweisen, dass er stark ist!
Und zu guter Letzt: Es ist nicht derjenige formal dominant, welcher am lautesten und heftigsten agiert, sondern derjenige, welcher in der Regel still und unauffällig seine Privilegien durchsetzen kann bzw. der dem sie freiwillig überlassen werden.
Mensch, Hund und die Dominanz
Der Mensch bestimmt im Normalfall das Tagesgeschehen, sagt wann es Gassi geht, wann und was gegessen wird und wann er seine Hundekumpels treffen darf. Dem allem fügen sich die Hunde in der Regel gerne unter, sofern der Mensch klar und verständlich agiert und für ihn und seine Sicherheit sorgt. Sie sind froh um klare Regeln und Strukturen, vorhersehbare Rituale sowie berechenbare Bezugspersonen und möchten weder die eigene Familie dominieren noch die Weltherrschaft an sich reissen.
Das heisst, in der Beziehung Mensch – Hund ist es der Mensch, welcher regelmässig und vorhersagbar seine Interessen durchsetzt, ohne dafür körperliche Gewalt anwenden zu müssen. Was bedeutet dass er alleine nur schon aufgrund dieser Tatsache die formale Dominanz in der Beziehung besitzt.
Deshalb sind Ratschläge, die darauf abzielen, dass der Mensch dem Hund keinerlei Privilegien zugesteht (wie vor ihm essen, auf dem Sofa/Bett liegen, auf dem Spazi vor dem Mensch laufen), um aus ihm einen gehorsamen Hund und aus dem Mensch den Rudelführer zu machen, unsinnig. Situativ kann dies durchaus mal richtig sein, aber nicht als generelle Sicherstellung der Beziehung zwischen Hund und Mensch.
Auch ist schon lange belegt, dass zwischen Artfremden keine Rangordnung besteht, da diese auch immer das Recht auf Fortpflanzung beinhaltet.
Dominanz oder besser gesagt Führungskompetenz vom Menschen beinhaltet aber auch, dass er seinem Hund in schwierigen Situationen zur Seite steht und ihn vor Gefahren schützt. Auch hier gilt, Führen hat nicht immer nur angenehme Seiten.
Mein Hund ist stark
Und sollte ich wirklich einen mental starken Hund an meiner Seite haben, ist es dann richtig, ihm diese Stärke mittels Druck und Zwang austreiben zu wollen?
Ich sage nein. Denn als Mensch sollte ich doch in der Lage sein, einen Hund durch eine klare Führung, viele gemeinsame Wohlfühlzeit und ein gut durchdachtes Training zur Kooperation mit mir zu motivieren ohne dass ich ihn und seinen Charakter verändern muss.
Ich selbst habe einen solchen Hund. Hätte ich ihn über positive Strafmassnahmen „dominieren“ wollen (wozu auch schon körpersprachliches Bedrohen und Leineneinwirkungen gehören), dann hätte er nur zwei Möglichkeiten gehabt
- aufzugeben und damit seine Ausstrahlung, seine Fröhlichkeit und Übermut zu verlieren
- oder seine angestaute Frustration irgendwie abzubauen. Sei es durch aggressives Verhalten, erhöhte Reizanfälligkeit, Jagen, Krankheiten oder Stereotypien
Zeigt mein Hund hingegen für mich oder das Umfeld unerwünschte Verhaltensweisen wie ich einige als Beispiel. eingangs beschrieben habe, liegt es an mir, ihm durch ein positives Training zu zeigen, was von ihm in diesen Situationen erwünscht ist.
Mein Hund hat aber durchaus auch das Recht, Entscheidungen im Rahmen unserer Leitplanken selbst zu fällen und nein zu sagen, wenn ihm was nicht passt. Schliesslich habe ein denkendes und fühlendes Lebewesen an meiner Seite und keinen Befehlsempfänger der nur das zu tun und lassen hat, was ich möchte.
Hier auch noch zwei weitere empfehlenswerte Artikel zu diesem Thema:
Teilen mit:
Gefällt mir:
Ähnliche Beiträge
Knurrende Hunde
Konfliktstrategien – die 4F
So trainiert doch niemand mehr!
Beitragsnavigation
3 Gedanken zu “ Der dominante Hund ”
Ein wirklich interessanter Artikel, vielen Dank auch für die Literaturtipps!
Dominanzbeziehung zwischen Mensch und Hund - Irrtum oder Tatsache?
von Esther Hufschmid Erstveröffentlichung bei Easy Dog
Als Hundehalter, als Hundehalterin kommt man am Begriff „Dominanz“ praktisch nicht vorbei. Aussagen wie „das ist aber ein dominanter Hund“ oder „Sie müssen halt Ihren Hund richtig dominieren“ gehören schon fast zum Standard bei Gesprächen zwischen Hundehaltenden oder auch zwischen Trainer/innen und Kund/innen.
In der Vorbereitung zu diesem Artikel wollte ich wissen, was Hundehaltenden im Internet bezogen auf das Zusammenleben mit ihrem Hund empfohlen und geraten wird.
Nachfolgend ein paar Tipps, die ich auf unterschiedlichen Websites gefunden habe:
- Sie kommen nach Hause und werden von Ihrem Hund stürmisch begrüßt. Ignorieren Sie dieses Verhalten. Begrüßen Sie Ihren Hund nicht und zeigen Sie keine Freude. Dem Hund könnte dadurch nämlich suggeriert werden, dass er einen hohen Rang einnimmt.
- Der Liege- und Schlafplatz Ihres Hundes soll nicht im Eingangsbereich sein. Er hat dort einen guten Überblick und kann alles, was geschieht, kontrollieren. Automatisch fühlt er sich ranghöher als Sie, denn Sie haben Ihren Liegeplatz ja in einem Randbereich der Wohnung und in Distanz zur wichtigen Eingangstüre.
- Erhöhte Liegeflächen – auch wenn sie speziell für den Hund eingerichtet werden – sind nicht zu empfehlen. Erhöhte Liegeflächen gehören dem Alphatier im Rudel – und das sind mit Vorteil Sie!
- Liegt Ihr Hund ständig an irgendwelchen Engpässen in der Wohnung (z. Bsp. Türrahmen) und erwartet, dass Sie über ihn hinweg steigen oder um ihn herum gehen? Dieses dominante Verhalten sollte nicht geduldet werden. Der Hund ist jedes Mal aufzufordern, Platz zu machen.
- Kein Hund, ob Welpe oder erwachsener Hund, sollte Spielzeuge, Kauknochen etc. zur freien Verfügung haben. Im Rudel steht das nur dem Chef zu. Sammeln Sie deshalb Spielzeuge und Kausachen ein und verwalten Sie diese. Gespielt wird nur gemeinsam mit einem Spielzeug Ihrer Wahl.
- Besteht Ihr Hund darauf, dass er gestreichelt oder dass gespielt wird? Übersehen Sie diese Aufforderung und verhalten Sie sich dadurch wie ein ranghohes Rudelmitglied.
- Legen Sie die Fütterungszeiten Ihres Hundes so, dass er sein Futter erst bekommt, wenn Sie gegessen haben. So weisen Sie ihn in den ihm gerechten (tiefen) Rangstatus ein.
Kennen Sie solche oder ähnliche Ratschläge? Wurde Ihnen auch schon nahe gelegt, gegenüber Ihrem Hund dominant zu sein, sich durchzusetzen und auf jeden Fall immer zu gewinnen. Denn Ihr Hund strebe – genetisch bedingt – ständig nach einer höheren Rangstellung und werde Ihnen die Rudelchefposition bei der kleinsten Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit streitig machen!
Diese Tipps und Ratschläge orientieren sich an der Dominanztheorie.
James o'Heare schreibt in seinem Buch "Die Dominanztheorie bei Hunden" dazu Folgendes:
„Die Dominanztheorie ist wahrscheinlich die am häufigsten missverstandene, allgemein angewendete Verhaltenstheorie im Bereich des Hundeverhaltens. Sie wurde in der Vergangenheit entwickelt, um das Sozialverhalten von Hühnern zu erklären und vorherzusagen. Dann wurde diese Theorie auf andere Tierarten ausgeweitet, einschließlich eines nahen Verwandten des Hundes, den Wolf.“
Die Diskussion um die Dominanztheorie wird unter Hundehaltenden und Hundetrainer/innen oft sehr kontrovers geführt. Es ist ein Thema, das polarisiert und mit starken Emotionen verbunden ist. Schnell arten Diskussionen darüber in Beschuldigungen, Vorwürfe, Bösartigkeiten und Gemeinheiten aus. Weshalb ist das so? Was hat es mit diesem Begriff auf sich? Welcher Bezug besteht zwischen der Dominanztheorie und dem Hundeverhalten, der Hundeerziehung?
Die Diskussion um den Bezug zwischen Dominanz und Hundeerziehung verlangt zuerst nach einer Definition des Begriffes.
Dem Begriff Dominanz begegnen wir nicht nur im Zusammenhang mit dem Hund.
In der Psychologie wird ein Individuum als dominant bezeichnet, wenn es das Verhalten von einem oder mehreren anderen Individuen beeinflussen und kontrollieren kann. Als starke Vorherrschaft wird Dominanz in militärischen Bereichen oder in der Politik definiert. Unter Marktdominanz versteht die Wirtschaft die überwiegende Marktpräsenz einer Firma, einer Organisation. Die Durchsetzung von Erbfaktoren wird in der Genetik als Dominanz bezeichnet und die Ökologie versteht darunter das Vorherrschen einer Art, einer Gattung oder eines Landschaftstypes.
Im Zusammenhag mit unseren Hunden ist der Begriff der „sozialen Dominanz“, welcher aus der Verhaltensbiologie stammt, relevant.
Unter sozialer Dominanz wird die Durchsetzung eines Tieres gegen einen Artgenossen an einer bestimmten Ressource zu einem bestimmten Zeitpunkt verstanden.
Sie ist weder eine angeborene Eigenschaft noch beschreibt sie ein „Dauerverhalten“ eines Tieres.
„Tiere, die regelmäßig mit denselben Artgenossen um Ressourcen (soziale Zuwendung, Futter, Liegeplätze, Sexualpartner etc.) konkurrieren, können untereinander Dominanzbeziehungen ausbilden. Soziale Dominanz ist ein Aspekt einer sozialen innerartlichen Beziehung!“ (Dr. Ute Blaschke-Berthold).
Soziale Dominanzbeziehungen bilden sich dann aus, wenn die Gruppenmitglieder um Ressourcen konkurrieren müssen (zum Beispiel bei Futterknappheit).
Fazit: Soziale Dominanzbeziehungen können sich in bestimmten Situationen an konkreten Ressourcen zwischen Angehörigen der gleichen Art ausbilden!
Dominanztheorie - Ursprünge und Entwicklung
Die Dominanztheorie ist ein Konstrukt oder ein Arbeitsmodell welches zum Ziel hat, Interaktionen zwischen Individuen der gleichen Art in der Konkurrenz um Ressourcen zu beschreiben, zu erklären und vorherzusagen.
Die Ursprünge der Dominanztheorie gehen zurück ins frühe 19. Jahrhundert. Pierre Huber entdeckte erstmals Rangordnungen bei Hummeln.
1922 untersuchte Schjelderupp-Ebbe die Theorie an Hühnern und wandte sie damit auf Wirbeltiere an. Hühner bilden eine einfache, lineare Hierarchie (Hackordnung). 1949, am Ende des 2. Weltkrieges, wird die Hackordnung als Mechanismus sozialer Dominanz festgeschrieben.
Später, in den 60er und 70er Jahren, wurde in der Primatenforschung beobachtet, dass die Ausgestaltung sozialer Organisation in Gruppen sehr viel komplexer ist und die Hackordnung nur eine Form, eine Möglichkeit der Organisation des Zusammenlebens in Gruppen bildet.
Im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde in der Verhaltensbiologie – basierend auf Forschungsergebnissen von Beobachtungen unterschiedlicher Tierarten – festgehalten, dass soziale Dominanz ein vielschichtiges Phänomen und schwierig zu interpretieren ist. Denn Dominanzbeziehungen sind so unterschiedlich wie die Lebensumstände der Tiere.
1999 veröffentlichte David Mech, Wolfsforscher, seine Studien über die Entwicklung von Wolfsrudeln. Über Jahrzehnte hat er wild lebende Wölfe beobachtet und widerlegte mit seinen Erkenntnissen das Alphakonzept (dominanter Alphawolf, dominante Alphawölfin) gründlich. Er formulierte den wichtigen und eindrücklichen Satz: „Wölfe leben in Gruppen, die qualifizierte Demokratien sind!“
Es ist allgemein bekannt, dass Wölfe in Freiheit über ein riesiges Territorium verfügen und sich das Wolfsrudel oft aus eng verwandten Tieren zusammensetzt: Mutter, Vater, Jungwölfe unterschiedlicher Generationen. Das heisst, Wolfsrudel sind in der Regel Familiengruppen, die kooperativ zusammenleben. Es ist nachvollziehbar, dass die Führung bei den Elterntieren als erfahrenste Mitglieder der Gruppe liegt. Diese Aufgabe nehmen sie wahr, ohne die Familienmitglieder mittels „Alphawurf“ oder „Nackenschütteln“ zu disziplinieren. Wölfe, die solche Verhalten zeigen, wollen nicht erziehen, sie wollen Beute machen und/oder töten!
Die Studien, welche Dominanz, Rangordnung, Alphawolf, Alphawölfin beschreiben, wurden mehrheitlich an Wölfen in Gefangenschaft durchgeführt. Dazu wurden nicht verwandte Tiere in Gehegen zusammengeführt, um ihr Verhalten zu beobachten. Diese Beobachtungen legten unter anderem den Boden für den Umgang mit unseren Hunden.
Dazu ein Vergleich aus der Menschenwelt: Können Sie sich an TV-Sendungen wie „Big Brother“ erinnern. Eine bunt zusammengewürfelte Menschengruppe wurde in einen Container gesperrt und ihr Zusammenleben konnte via TV über 24 Stunden verfolgt werden. Das, was sich gruppendynamisch in diesen Gruppen zeigte, war mehrheitlich ziemlich peinlich, irritierend oder zumindest fragwürdig.
Spiegelt das Verhalten dieser Gruppe Ihr Familien- oder Paarverhalten wieder? Kann das Zusammenleben der Kandidaten und Kandidatinnen als stellvertretend für ein „normales“ Leben in Gruppen genommen werden? Wohl eher nicht. Die Umstände und Rahmenbedingungen dieser Wohngemeinschaften waren ja ziemlich speziell und „auf die Spitze getrieben“.
Genauso speziell im Sinne von „unnatürlich“ sind die Lebensbedingungen von Wölfen in Gefangenschaft. Es liegt auf der Hand, dass die Beobachtungen und Interpretationen dieses Wolfsverhaltens nicht als Richtschnur für das Verhalten von Wölfen ganz grundsätzlich und für den Umgang mit unseren Haushunden im Besonderen gelten können. Sie entsprechen nicht den natürlichen Lebensbedingungen der Tiere.
Der in der Literatur und in Hundeschulen wird immer wieder bemühte Vergleich, dass Wölfe Dominanzbeziehungen ausbilden und deshalb auch unsere Hunde Rangstrukturen brauchen, hinkt noch aus einem weiteren Grund.
Wölfe und Hunde gehören zwar zur gleichen Gattung, sind aber unterschiedliche Arten. Sie haben einen gemeinsamen Vorfahren, nicht weniger und nicht mehr. Wölfe und Hunde unterscheiden sich in einigem, und zwar physiologisch wie auch im Sozialverhalten.
Welchen Wert bietet nun die Dominanztheorie? Ist sie ein nützliches Modell für den Umgang mit dem Hund? Nein, ist sie nicht! Die Dominanztheorie stellt a) eine Vereinfachung einer hochkomplexen Interaktionssituation dar und ist b) auf Grund mangelnder Forschung und eindeutigen, handfesten Daten in den Aussagen ungenau, sie lässt zu viel Interpretationsspielraum offen.
Wissenschaftler der Universität Bristol, Clinical Veterinary Science, kommen auf Grund ihrer Studienresultate an Tierheimhunden zu folgenden Aussagen: „Hunde sind nicht davon motiviert, ihren Platz in der Rangordnung ihres Rudels zu behaupten. Trainingstechniken, die als „Rangreduktion“ bekannt sind, sind nicht hilfreich. Sie variieren von wirkungsloser Behandlung bis gefährlich und können ein Verhalten sogar verschlimmern.“
Dominanz – die menschliche Sicht
Obwohl der Nutzen und Wert der Dominanztheorie bezogen auf das Zusammenleben mit dem Hund schon länger widerlegt wurde, betrachten viele Menschen das Hundeverhalten immer noch mit der Dominanzbrille. Diese Sichtweise hat eine starke Wirkung auf den Umgang mit dem Tier. Sie führt zu Fehlinterpretation von Verhalten und zu unangemessenen, sprich strafenden Konsequenzen seitens der Hundehaltenden.
Der Ratschlag, man müsse den Hund dominieren ist oft gleichbedeutend mit der Ausübung von Zwang und Gewalt über den Hund. Den Hund unterwerfen, ihn auf den Rücken drehen und festhalten, ihn stimmlich bedrohen, ängstigen, ihm Schmerzen zufügen, ihn ständig kontrollieren und ihm die Befriedigung seiner Bedürfnisse vorenthalten, seine Kontaktaufnahme ignorieren – das alles kann sehr wohl Wirkung zeigen, nämlich diese: Der Hund verliert das Vertrauen in seinen Menschen, er hat Angst vor seiner Bezugsperson, die Bindung zwischen Mensch und Hund wird geschwächt, eine Verteidigungsaggression kann ausgelöst werden oder der Hund ergibt sich in die erlernte Hilflosigkeit - er tut besser gar nichts als Gefahr zu laufen, das Falsche zu tun (erlernte Hilflosigkeit ist im Erleben der Krankheit Depression beim Menschen sehr ähnlich).
Warum hält sich die Vorstellung von Dominanz zwischen Hund und Mensch so hartnäckig? Weshalb wird sie in der Literatur immer noch beschrieben und in Hundeschulen gelehrt?
Ein Grund hierfür könnte sein, dass wir Menschen in hierarchischen Strukturen leben. Hierarchien, Positionen, Funktionen und damit verbunden Macht und Einfluss prägen unser Zusammenleben in Gruppen. Karriereplanung bedeutet in der Regel: aufsteigen, einen höheren Rang einnehmen, besser verdienen und über anderen Mitarbeitenden stehen. Wenn Menschen nun in der Beobachtung anderer Lebewesen diese Hierarchiebrille aufsetzen, dann sehen sie eben auch das „Gerangel“ um Position und Rang. Der Knackpunkt liegt also in der Interpretation der Beobachtungen. Je nach theoretischer Ausrichtung und ethischer Grundhaltung wird in jedem Verhalten Dominanz wahrgenommen – oder eben nicht!
Menschliche Wahrnehmung ist ein Prozess, der beeinflusst wird vom Selbstbild, den Erfahrungen und der Sichtweise der wahrnehmenden Person. Menschen neigen dazu, Wahrgenommenes so zu bewerten, dass es für sie vorteilhaft ist und/oder ihr Handeln und Tun rechtfertigt.
Bewährtes „über Bord werfen“, weil es der Faktenlage nicht mehr entspricht. selbstbelohnende Überzeugungen hinterfragen. das, was bis dato scheinbar funktioniert hat, überprüfen und neu ordnen – das kann anstrengend sein.
An unserem Beispiel der Dominanztheorie bedeutet das: es ist einfacher – im Sinne von weniger mühsam – an der Dominanztheorie festzuhalten (weil bekannt oder vertraut), als das eigene Verhalten zu hinterfragen, zu verändern und den neuen Erkenntnissen anzupassen.
Lernen bedeutet für Erwachsene meistens auch Umlernen. Vorhandene Lebens- und Lernerfahrungen, Wissen und Verhaltensweisen müssen in Frage gestellt werden. Das kann zu Skepsis, Ängsten und/oder Lernwiderständen und dem Bestreben, an Bekanntem festzuhalten, führen.
Wird der Begriff „Dominanz“ in der Mensch-Hund-Beziehung verwendet, passt die ökologische Definition der „Interspezifischen Dominanz“ am ehesten (Vorherrschen einer Art, einer Gattung). Bei der interspezifischen Dominanz geht es nicht um die Konkurrenz um Ressourcen, sondern um die Einflussnahme einer Gattung/Art auf eine andere. Wenden wir dieses Konzept der Einflussnahme auf das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund an, wird deutlich: Der Einfluss des Menschen auf das Leben des Hundes ist immens. Er entscheidet, was der Hund frisst, wann er sein Futter erhält, wann er raus darf und wohin es geht, ob und welche Sexualpartner ihm zugeteilt werden, was mit dem Nachwuchs geschieht, wie er auszusehen hat (Rassestandards), wie krank bzw. gesund er ist (Stichwort Qualzuchten). Fazit: Der Mensch ist gegenüber dem Hund eine sehr dominante Art!
In den Diskussionen rund um Dominanzverhalten bei Hunden ist es mit ausschlaggebend, vom welchem Dominanzbegriff ausgegangen wird:
Geht es um die soziale Dominanz zwischen Individuen der gleichen Art in der zeitlich begrenzten Konkurrenz um eine Ressource? Oder geht es um die interspezifische Dominanz zwischen zwei Arten und darum, wie der Einfluss in dieser Beziehung genutzt wird (Spannbreite der Einflussnahme zwischen Sicherheit/Geborgenheit bieten bis ängstigen/Gewalt ausüben)?
Für ein harmonisches und respektvolles Zusammenleben von Mensch und Hund passt wohl der Begriff „Familie“ am besten. Die Bezugsperson versteht sich in der Rolle des Elternteils und ist für den Hund eine wohlwollende und souveräne Führungs- und Lehrperson, und zwar in dem Sinne, dass beide Arten aus dem Zusammenleben Vorteile ziehen können!
Eingangs habe ich ein paar Regeln und Ratschläge aus dem Internet für das Zusammenleben mit dem Hund aufgelistet. Ich persönlich finde nachfolgende Anregungen sinnvoll und empfehle diese auch meinen Kundinnen und Kunden:
- Nehmen Sie Ihren Hund als Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen wahr.
- Arbeiten Sie mit den Bedürfnissen Ihres Hundes und nicht gegen sie.
- Bauen Sie zu ihm eine sichere Bindung, basierend auf Vertrauen, Respekt und Sicherheit auf.
- Geben Sie dem Hund die Möglichkeit, die Regeln des Zusammenlebens zu lernen und setzen Sie dieses Wissen und Können bei ihm nicht einfach voraus.
- Richten Sie Ihren Fokus in der Erziehung des Hundes auf das erwünschte Verhalten und belohnen Sie dieses vielfältig. Jedem unerwünschten Verhalten geht erwünschtes voraus!
- Unterbrechen Sie unerwünschtes Verhalten, ohne dabei den Hund zu bedrohen und zu ängstigen. Verhaltensunterbruch ist nicht das gleiche wie Strafe! Folgende Verhaltensreaktionen unterbrechen nahezu jedes unerwünschte Verhalten
Dabei ist es selbstverständlich, dass der Hund zuerst die Möglichkeit erhalten muss, diese Verhaltensreaktionen sicher zu lernen!
- Seien Sie sich bewusst, dass Sie mit Strafen und Einsatz von Gewalt große Nebenwirkungen in Kauf nehmen. Es kann
- zu erhöhter Aggression führen (gegenüber Artgenossen, Menschen, anderen Tieren)
- die Angst verstärken
- die Bindung und das Vertrauen in Sie als Bezugsperson schwächen.
Verabschieden Sie sich vom Perfektionismus und der Vorstellung, der Hund müsse immer zu 100% funktionieren! Hunde (und Menschen) sind Lebewesen – und kein Lebewesen ist perfekt! Ich nicht, Sie nicht, der Hund nicht!
© cumcane familiari/Esther Hufschmid
Besuchen Sie uns in unserer offenen Gruppe cumcane familiari auf Facebook und nehmen Sie einen Einblick in die Arbeit der aktuellen Lehrgänge!
Dominanter hund
Diese Website benutzt Cookies. Wenn Sie die Website weiter nutzen, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu
Mein Hund hat geknurrt – ist der jetzt dominant?
Zu oft höre ich, sowohl während meiner Arbeit als Hundetrainerin, als auch und fast noch öfter in meiner privaten Zeit: „Das ist aber ein dominanter Hund!“. Oftmals wird dann auf Hunde gezeigt, die andere Hunde anknurren, nicht kommen, wenn man sie ruft oder sehr aufdringlich sind.
Erst neulich hatte ich eine Diskussion mit einer Frau, die der festen Überzeugung war, dass sie richtig gehandelt hat, als sie ihre sehr liebe und alte Hündin beim Tierarzt auf den Rücken drehte. Die Hündin habe schließlich geknurrt und das müsse mit dem sogenannten „Alphawurf“ bestraft werden.
Solche Aussagen stimmen mich traurig und machen mich wütend, denn oftmals wird ganz natürliches Hundeverhalten, wie zum Beispiel das Knurren der Hündin beim Tierarzt, bestraft, nur weil es den Menschen stört und er denkt, sein Hund sei dominant und müsse deswegen ordentlich bestraft und untergeordnet werden.
Aber was bedeutet Dominanz eigentlich? Warum lässt das landläufige Verständnis dieses Wortes zu, dass vielen Hunden Unrecht und Tag für Tag Leid angetan wird?
„Dominanz“ ist einer der am häufigsten missverstandenen Begriffe überhaupt. Fragt man zum Beispiel einen beliebigen Menschen auf der Straße, hört man oft: „Dominant ist der, der aggressiv ist“ oder „Der setzt sich halt immer durch“.
Im Gegensatz dazu steht aber die allgemeingültige, verhaltensbiologische Definition, die aussagt, dass Dominanz lediglich bedeutet, als erster Zugriff auf bestimmte Ressourcen (zum Beispiel begehrtes Futter, Liegeplätze, Spielzeug, Sexualpartner) zu haben und von anderen in der Gruppe respektiert zu werden. Der Zugriff auf Ressourcen ist dabei stark beziehungs- und situationsabhängig.
Wieso ist aber die Idee, dass ein Hund dominant ist, wenn er z.B. knurrt, schnappt, einen anderen Hund oder Menschen beißt, so allgegenwärtig?
Ursprünglich wurde der Begriff „Rangordnung“ und der damit eingehende Dominanzbegriff Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Norweger Schjelderup-Ebbe geprägt, der beobachet hatte, dass die Konkurrenz um das Futter bei Hühnern immer in einem bestimmten Muster abläuft. Das in der Rangordnung höchste und somit dominanteste Huhn „A“ hackte alle anderen Hühner weg, das „nächst höhere“ Huhn „B“ hackte alle weg außer „A“ usw. Die sogenannte „Hackordnung“ wurde dann ziemlich schnell auf alle möglichen Tiere übertragen, auch auf den Wolf und leider auch auf den Hund, weil der bekanntermaßen vom Wolf abstammt.
Schnell wurde die Auffassung des alles-bestimmenden Alpha-Wolfes bekannt und man
nahm schlichtweg an, dass man sich als Mensch in einer Hund-Mensch Beziehung so verhalten müsse, als wenn man der „Rudelführer“ sei. Konkret bedeutet das, dass man dem Hund keine Freiheiten zugestehen darf, ihn sogar unterdrücken soll, weil er ansonsten in der Rangordnung nach oben steigt und glaubt, er könne die ganze Familie erobern.
In dem Zusammenhang werden die merkwürdigsten Ratschläge erteilt, wie Mensch verhindert, dass er in der Rangordnung unter seinem Hund steht:
- Dem Hund nichts zu fressen geben, bevor man nicht selbst gegessen hat.
Denke ich daran, wie oft meine Hunde auf den Sofas schlafen, unabhängig von mir fressen und auch oft genug als Erster durch die Tür gehen, muss ich fast lachen bei dem Gedanken, dass sie deswegen dominant sein sollen und irgendwann versuchen werden, mich von meinem nicht vorhandenen Thron zu vertreiben, um selbst die Macht an sich zu reißen.
Mein Gefühl, dass es nicht stimmen kann, wenn jedes scheinbare „Verhaltensproblem“ mit mangelnder „Dominanz“ bzw. „Führung“ seitens des Besitzers begründet wird, wurde in den letzten Jahren auch durch Beobachtungen von frei lebenden Wolfsrudeln und Hundegruppen bestätigt.
Viele namhafte Biologen haben das Verhalten von Wölfen beobachtet und fanden keine Bestätigung einer festgelegten Hierarchie.
Nicht zuletzt David Mech betonte, dass Wölfe in einem Familienverband leben, der von der sozialen Organisation her einer Menschenfamilie recht ähnlich sei. Und in einer normal geführten Menschenfamilie gibt es keine Unterdrückung mit unrealistisch harten Regeln und gewaltsamer Umsetzung.
Noch komplizierter wird es, wenn man sich das Hund-Mensch-Gespann anguckt. Häufig werden aversive Trainingsmethoden, wie zum Beispiel „Schnauzengriff“, „Alphawurf“ oder „Flanken kneifen“ damit begründet, dass Hunde untereinander das auch machen würden, um unter anderem ihre Stärke zu beweisen. Was dabei verschwiegen wird, ist, dass häufig nicht die souveränen, sondern die unsicheren, gestressten Hunde aggressiv auf ihre Artgenossen reagieren und dann tatsächlich auch andere Hunde auf den Rücken legen. Als „dominanter Mensch“ möchten wir aber doch nicht unsicher erscheinen, oder?
Letztendlich ist das aber für das Leben mit meinem Hund schlichtweg irrelevant:
Ich bin kein Hund! Ich kann mir nicht hündische Gesten zu eigen machen, zu denen ich aus Timinggründen überhaupt nicht in der Lage bin und die ich womöglich nur zur Hälfte erfassen kann.
Ich bin ein Mensch und verfüge über kognitive Fähigkeiten, mit denen ich tatsächlich überlegen kann, warum sich mein Hund mir gegenüber so verhält, wie er es tut und wie ich sein Verhalten ändern kann, sodass niemand aus meiner Umwelt und erst recht nicht mein Hund Schaden davon trägt.
Auch die Frage nach dem Rudelführer in einer Mensch-Hund-Gruppe und im Mehrhundehaushalt ist überflüssig.
Anders als frei lebende Wölfe bilden frei lebende Hunde bei ausreichend vorhandenen Ressourcen keine Familienverbände, so wie es die Wölfe tun, sondern sie leben entweder alleine oder bilden Mehrhundegruppen. Diese Beobachtungen wurden unter anderem von Ray und Lorna Coppinger gemacht und zeigen, dass wir unseren heutigen Haushund auch in dieser Beziehung nicht mehr mit dem Wolf vergleichen können.
Doch wenn man Ungehorsam, Aggression und aufdringliches Verhalten nicht einfach damit begründen kann, dass mein Hund mich nicht ernst nimmt, woran kann es dann liegen?
Knurrt mein Hund mich zum Beispiel an, kann das verschiedene Gründe haben:
- Er hat Angst vor mir und denkt, er muss sich in irgendeiner Weise verteidigen. Er warnt mich, dass, wenn ich weiter so mache, er vermutlich beißen wird, weil er sich anders nicht mehr zu helfen weiß.
- Stress spielt oftmals eine große Rolle bei Aggressionsverhalten. Hunde, die gestresst sind, reagieren in vielen Situationen schneller mit Aggression als wenn sie nicht gestresst wären.
- Auch frustrierte Hunde werden schneller aggressiv. Frustration und Aggression liegen eng beieinander
- Mein Hund möchte eine begehrte Ressource behalten, wie z.B. einen Kauknochen, und hat nicht gelernt, dass es nicht schlimm ist, wenn ich in der Nähe der Ressource bin.
Es gibt viele Gründe, warum Hunde aggressiv reagieren können oder „ungehorsam“ sind. Woran man aber als letztes denken sollte, ist „dominantes Verhalten“ und die damit einhergehenden Konsequenzen für diesen Hund, denn es gibt viel bessere Wege und Möglichkeiten, Verhalten zu analysieren und dauerhaft zu verändern.
Für die Hündin, die den Tierarzt angeknurrt hat, kann das auch einfach nur heißen, dass sie Angst oder Schmerzen hatte. Ihr hätte man helfen können, indem man ihr vor dem Tierarztbesuch beibringt, unangenehme Dinge zu akzeptieren, sodass sie sich nicht so fühlt, als wenn sie sich verteidigen müsse.
Anders Hallgren „Das Alpha-Syndrom“
Barry Eaton „Dominanz Tatsache oder fixe Idee?“
Ist Absolventin der Akademie für Tiernaturheilkunde ATN Schweiz "Hundepsychologin und Hundetrainerin" - Dozentin der Paracelsus Schulen Göttingen, Hannover ( Ausbildung von Hundetrainern und Hundetrainerinen in Theorie und Praxis ) - Dozentin der ATN - Inhaberin der "Hundeschule" "hundetraining und verhaltenstherapie" Amira Sultan (Stand November 2012)
Dominanter Hund
Im Verhaltensrepertoire der Hunde ist Dominanz durchaus vorhanden, ebenso wie Submissivität. Jedoch sind nur sehr wenige Hundetypen wahrhaftig Dominant.
Das, was irrtümlicherweise als Dominanz bezeichnet wird, ist häufig eher die Auswirkung einer mangelhaften Erziehung des Vierbeiners.
Liegt ein Hund beispielsweise auf dem Sofa, fordert Futter ein, zettelt Stress mit Artgenossen an, springt seinen Menschen an oder rennt ihnen beim Spiel mit Artgenossen gegen die Beine, ist er nicht dominant, sondern wurde schlichtweg nicht erzogen.
Dominante Hunde verhalten sich eher unauffällig, solange der Mensch ihnen nichts abverlangt, womit sie nicht konform gehen.
Und der Mensch wird vermutlich von ihnen auch nichts verlangen, da sie sich durchaus dem fügen, was der Mensch möchte. So lassen sie sich oftmals zuverlässig aus dem Freilauf abrufen. Der Grund ist jedoch nicht, dass der Hund folgsam ist, sondern glaubt, sein Mensch benötigt seine Nähe.
Dominante Hunde sind souverän und präsent. Sie kontrollieren und organisieren Situationen unmerklich für das menschliche Auge. Ihr gesamte Erscheinung bzw. ihr Ausstrahlung zeugt von Ruhe und Gelassenheit. Im Umgang mit Artgenossen reicht ihnen meist ein dezenter Blick, um den Gegenüber zu dirigieren.
Beobachtet man eine Gruppe tobender Hunde, ist der dominanteste nicht der Hund mittendrin oder der lauteste.
Es ist der am Rande stehende, der sich eher mit dem Umfeld beschäftigt, als mit den spielenden Artgenossen. Sollten sich in der Gruppe Diskrepanzen andeuten, wird er sich in das Geschehen einmischen. Vermutlich reicht ihm dafür, gelassen die Meute zu durchqueren. Durch seine Präsenz trennt er potenzielle Kontrahenten voneinander, was wiederum einen Streit schlichtet oder vorbeugt.
Ähnlich verhält er sich seinen Menschen gegenüber. Er grenzt seine Personen unmerklich ein, kreuzt, durchaus auf Distanz, vor ihnen Wege beim Spaziergang und sorgt so dafür, dass sie seine gewünschte Richtung einschlagen. Verlassen die Menschen den vorgegebenen Weg oder wechseln die Richtung, passiert er dichter vor ihnen. Gelegentlich stupst er im Vorbeigehen seine Menschen kurz mit dem Körper oder seiner Schnauze an. Die Menschen nehmen die eigentlich als taktile Korrektur gemeinte Berührung kaum wahr oder interpretieren sie mit Freundlichkeit des Hundes.
Ein wahrhaftig dominanter Hund lässt sich kaum auf Diskussionen ein.
Nur im äußersten Notfall schreitet er mit vollem Körpereinsatz ein. Dann jedoch kann es für wenige Sekunden laut und taktil werden. Er respektiert seinen Gegenüber und verlangt das gleiche für sich.
Seine Körperhaltung ist aufgerichtet und er steht mit allen Pfoten fest auf dem Boden. Seine Bewegungssequenzen sind sicher und stabil. Nur selten zeigt er einen gerundeten Rücken oder eine eingeklemmte Rute, auch wenn ein dominanter Hundetyp sich durchaus vor etwas fürchten darf.
Hund beobachtet (Foto von Maja Dumat)
Seine Dominanz bezieht sich eher auf den Umgang mit Artgenossen und Menschen und nicht auf jegliche Lebenssituationen.
Einen dominanten Hund sein Eigen nennen zu dürfen ist ein Privileg, denn diese Charaktertypen gibt es äußerst selten. Hundehalter, die einen solchen Typen besitzen, können sich nahezu überall sorgenfrei mit ihm zeigen. Mit menschlichen Worten ausgedrückt ist es ein höflicher, netter und braver Hund, der niemanden belästigt.
Nicht jeder sich am Rande einer Hundegruppe bewegende Hund ist ein dominanter Typ. Bei vielen Hunden überwiegt das Interessieren, sich mit dem Umfeld zu beschäftigen, als mit Artgenossen zu spielen. Oder ihre Unsicherheit verhindert ein das Spiel in der Meute. Dessen ungeachtet können dominante Hunde durchaus »Kumpels« oder »Freundinnen« haben, mit denen sie gerne und ausgiebig spielen.
Diese Seite teilen
In der Gastronomie
Für viele Hunde ist der Besuch in der Gastronomie ein besonderes Erlebnis.
Sie sollen ruhig am Bode…
Apportieren
Mit dem Hund durch die Natur zu streifen ist entspannend, erholsam und macht jedem Hundebesitzer Fre…
Welpenkauf
Der Kauf eines Welpen sollte sorgfältig überlegt sein. Viele Faktoren tragen zu einem erfreulichen M…
Positionierung des Hundes
Die körpereigene Positionierung des Hundes vermittelt dem Menschen Informationen, ob der Hund beispi…
Hund alleine zuhause lassen
Den Hund allein daheim zu lassen, ist für viele Hundebesitzer ein Problem. Bereits nach wenigen Minu…
Welpen Spielstunde
Der Kontakt mit Artgenossen soll die soziale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit bei Welpen förder…
Hundeernährung
Zu einer gesunden Hundeernährung gehören fleischhaltiges Futter und eine artgerechte Fütterung.
Hunde-Erziehungsberatung
Individuelle Beratung rund um den Hund durch Erziehung, Training, Kurse, Einzel- und Gruppenstunden, Workshops, Seminare, Themenabende.
Amerikanische Collies gaben sich die Ehre
In Erftstadt-Ahrem trafen sich am vergangen Wochenende Hundeliebhaber der Rasse American Collie zu e…
von User:Mattes (Eigenes Werk) [Public domain oder Public domain], via Wikimedia Commons
Gemeinde Weichs zieht Hundesteuer an
Es gibt kaum noch eine Gemeinde, deren Haushaltskassen nicht durch die Hundesteuer aufgefüllt werden…
Zwei Jahre Haft für skrupellose Welpenhändler
Das Gerichtsverfahren des Welpenhändler-Ehepaares aus dem Mühlviertel, Oberösterreich, endete mit ei…
Ärztliches Gutachten belegt Tatbestand
Einem angeklagten Hundehalter nimmt das Gutachten des Gegners vor Gericht den Wind aus den Segeln.
Besuchen Sie uns auf
Copyright © Rat-Hund-Tat 2018 All rights reserved.
Die Erziehung "schwieriger" Hunde
Tipps zum Thema Rangordnung und Dominanzverhalten
- Vorwort: Über Rangordnung, Autorität und Dominanz
Sie werden das, was der Mensch aus ihnen macht.
Die Jugendzeit geht zu Ende
Solche Kampf- oder Streitspiele spielen nur Hunde, die sich bereits gut kennen. Die Unterschiede zwischen einem Scheinkampf und einem Ernstkampf sind sehr gering. Wenn ein Hund mit einem anderen zu heftig spielt, kann sich das Ganze plötzlich zu einem echten Kampf entwickeln. Aus diesem Grund spielen einander fremde Hunde eher Jagdspiele.
Attacke!! - Wer ist wohl der Größte?
spielerische Rauferei unter Freunden
"Schultersieg - ich liebe Ringen!"
(rechts: gegenseitiges Drohen mit Beißhemmung)
"Oh - Frauchen ruft - Schade. Immer wenn's am schönsten ist, muss ich aufhören.
Aber ich laufe besser doch schnell hin, sie hat sicher wieder etwas ganz Tolles für mich."
Rangordnung und Dominanz zwischen Mensch und Hund
Hundliche Dominanz, die vor vierzig Jahren noch kein Thema war, ist inzwischen in zu einem großen Problem geworden. Das liegt aber nicht daran, dass die Hunde dominanter geworden wären als früher, sondern an dem hohen Prozentsatz von Hundebesitzern, die zu schwach sind, die es zulassen, dass sie von ihren eigenen kleinen Kindern und ihren Hunden untergeordnet werden. Unsachliche Affenliebe und eine gefährliche Laissez-faire-Mentalität hat konsequente Erziehung abgelöst. Viele verbinden mit Hundeerziehung und -Ausbildung immer noch den Kasernenhofton und die Härte früherer Dressur. Abgeschreckt durch derartig antiquierte Erziehungsmethoden wird die Erziehung nun ganz unterlassen. Das arme Tier soll seine Freiheit haben. Verbreitet herrscht regelrecht Mitleid mit Hunden, die nicht rund um die Uhr machen dürfen was sie wollen. Dass ein wohlerzogener Hund letztendlich mehr Freiheiten und ein erfüllteres Leben hat als der, der zweimal am Tag für eine halbe Stunde auf der Hundewiese losgelassen wird und ansonsten zuhause bleiben muss, weil er überall unangenehm auffällt, sehen die wenigsten. Aus einem Hund, der einfach nur liebevoll behandelt wird, muss nicht zwangsläufig ein "lieber Hund" werden!
Während früher die Hunde meist zur Arbeit gezüchtet und gehalten wurden, sind sie heute oft verwöhnte Luxusgeschöpfe, deren Tagesablauf von Langeweile geprägt wird. Doch ein Hund muss beansprucht werden, und zwar körperlich und geistig. Wenn er sich langweilt, sorgt er anderweitig für Aufregung in seinem Leben: er wird zum "Problemhund" und seine Menschen stöhnen nur noch: "Versteh' einer diesen Hund . "
Ein Problemhund hat nur ein Problem - den Menschen.
Der Rang des Hundes muss nicht herabgesetzt werden! Vielmehr müssen der Menschen lernen, sich wie jemand zu verhalten, der es wert ist, dass man auf ihn hört. Der Fehler liegt bei den Zweibeinern, nicht bei den Hunden. Aber es ist sicherlich einfacher, den Hund zu beschuldigen, als die Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen. Ungehorsam von Untergebenen ist eine Beschuldigiung, die häufig von inkompetenten Anführern erhoben wird.
Rangordnung - Dominanzhierarchie - soziale Hierarchie
Unter Rangordnung versteht man Überlegenheits-Unterordnungs-Beziehungen. Ranghohe Tiere haben meist einen größeren Handlungsspielraum und einen bevorzugten Vortritt zu Ressourcen wie beispielsweise zu Nahrung, Schlaf- und Ruheplätzen oder zu Paarungspartnern. Dominante Tiere haben aber nicht nur Vorrechte, sondern auch spezifische Pflichten. In vielen Fällen müssen sie die Gruppe gegen Angriffe schützen oder Auseinandersetzungen zwischen Untergeordneten schlichten bzw. für den Zusammenhalt der Gruppe sorgen. Das verlangt von ihnen soziale Kompetenz, die weit mehr bedeutet als reine Machtausübung des Stärkeren. Die unterschiedlichen Rangpositionen werden die meiste Zeit kampflos respektiert, was für Ruhe und Frieden in der Gruppe sorgt. Eine klare Rangfolge ist friedenssichernd und überlebenswichtig für alle sozialen Tiere.
Rangordnung und Dominanz - Die Schreckgespenster in der Hundeerziehung?
oder: Des Kaisers neue Kleider
Hundehalter sind sehr verschieden und betrachten ihre Hunde auf unterschiedliche Weise, was auch den Umgang mit ihnen prägt.
Ein eher autoritärer Hundeführer hat die Tendenz, Führung und Dominanz als etwas Forderndes, Kontrollierendes und Strafendes zu interpretieren.
Ein eher gefühlvoller Hundeführer sieht in den selben Begriffen etwas Freundliches und Fürsorgliches.
Die Worte Rangordnung und Dominanz sind in der Hundeerziehung in letzter Zeit regelrecht in Verruf geraten und man hört immer wieder z.T. recht fanatische Stimmen, die Rudelkonzept und Dominanz ablehnen:
- Aber auch wenn die Hunde keine Wölfe mehr sind und sich zu einer eigenen Art entwickelt haben, so haben sie doch viele Wolfseigenschaften in ihr Hundedasein mitgebracht. Welche Eigenschaften das sind, kann von Hundetyp zu Hundetyp verschieden sein. DAS Wolfs-/Hundeverhalten gibt es sowieso nicht. Caniden (Hundeartige) sind Anpassungskünstler. Gerade deshalb können sie uns ja so geschickt um die Pfote wickeln.
- Manche Hundler lehnen das Rudelkonzept ab, weil Hunde uns nicht als Artgenossen sehen und deshalb auch kein Rudel mit uns bilden können. Aber weshalb kommunizieren sie mit uns dann mit den gleichen visuellen Signalen, die sie auch gegenüber ihren Artgenossen zeigen? Mit Tieren anderer Spezies kommunizieren sie nicht auf diese Weise. Menschen und Hunde bilden einen Sozialverband, in dem es eine für den Hund erkennbare stabile Gruppenhierarchie geben sollte. Außerdem kann es Dominanzhierachien situationsbezogen zwischen allen Spezies geben. Inner- und außerartlich. Dazu braucht es überhaupt kein Rudel, sondern nur mindestens zwei miteinander agierende Lebewesen, deren Bedürfnisse sich zumindest teilweise überschneiden.
- Aus dem gleichen Grund wird auch die Bezeichnung "Alpha" abgelehnt. Gleichzeitig führt man aber ein neues Wort ein, wie z.B. "Idol" und spricht davon, dass der Mensch das Ideal, das Vorbild, für den Hund sein soll. Aber wie kann ein artfremdes Wesen Vorbild sein? Dafür sind Hund und Mensch nun wirklich zu verschieden. Einen "Alpha", bzw. Anführer, kann ich mir dagegen auch zwischen unterschiedlichen Arten gut vorstellen. Laut Duden ist "Idol" ein Gegenstand der Verehrung. Irgendwie ist das alles doch "das Gleiche in grün" - also lediglich eine Frage der Definition (und eine Frage des Geschäfts, denn mit den neuen Namen lässt sich gutes Geld verdienen.)
- Andere lehnen die Dominanztheorie ab, weil sie "Dominanz" mit Unterdrückung im alten Stil, mit Härte und Gewalt gegen Abhängige gleich setzen. Auch verstand man die Rudelordnung früher als starre Hackordnung mit Alpha, Beta . Omega. Neuere Forschungen haben dieses falsche Bild inzwischen zurecht gerückt. Das Eltern-Nachwuchs-Dominanz-System hat das veraltete Alphakonzept abgelöst. Heute spricht man von
Sicher, das Wort "Dominanz" ist so missbraucht worden, dass die Versuchung nahe liegt, es ganz aus unserem Vokabular zu streichen. Im Namen von Dominanz und Rangordnung wurde viel Unheil an Hunden angerichtet. Die Dominanztheorie verkam zu einer falsch verstandenen, denn Dominanz hat nichts mit dem Brechen einer Hundeseele zu tun. Doch nur, weil diese Theorie früher falsch interpretiert wurde und zu gewaltsamen Auswüchsen führte, muss man doch nicht gleich die ganze Theorie über Bord werfen! Führerschaft und Dominanz des Menschen lassen sich auch mit gewaltfreien Methoden erreichen. Dafür braucht man keine starke Hand, sondern einen starken Geist. Beim Leben in Hierarchie geht es längst nicht mehr um die Bestie, welche nur durch Härte bezwungen werden kann, sondern um klare Strukturen und eine konsequente Erziehung mit festen Regeln, die den Menschen für den Hund berechenbar machen und ihm so die notwendige Orientierung und Sicherheit vermitteln. Gewalt ist dabei völlig überflüssig. Dominanz hat nichts mit Gewalt oder Aggression zu tun. Weder von Seiten des Menschen noch von der des Hundes!
Unterordnen, unterwerfen, unterdrücken . Schneiden wir die alten Zöpfe endlich ab!
- Werden Sie ein gütiger und souveräner Anführer -
Ziel sollte sein, ein ausgewogenes Gleichgewicht zu erlangen zwischen Grenzsetzung und Steuerung des Hundes einerseits und Nachsicht sowie Ermutigung andererseits. Der Hund sollte gut an seine Familie und Lebensumstände angepasst sein und trotzdem eine fröhliche, freundliche Persönlichkeit entwickeln können.
Ein gut eingeordneter Hund wird seinem Menschen willig folgen und braucht nur wenig Unterordnung. Wie eine solche wohlwollende Führung des Hundes durch den Menschen aussehen kann, möchte ich Ihnen auf dieser Seite zeigen. Dabei gibt es allerdings kein Patentrezept, denn die Hunde sind genauso verschieden wie die Menschen. Es gibt viele Hunde, denen die Rangordnung einfach "schnurz" ist. Dem rangordnungsbewussten Hovawart dagegen ist das Streben nach Dominanz in die Wiege gelegt. Sein Dominanzverhalten sollte man daher immer im Auge behalten. Ich möchte im Folgenden ledigich einige Denkanstöße geben. Letztendlich muss jeder Hundeführer seinen eigenen Weg finden.
Es gibt unterschiedliche "Weltanschauungen" in Sachen Hund. Die Klärung der Rangordnung gilt heutzutage bei vielen Hundeleuten als vermeintlicher Lösungsansatz für eine Vielzahl von Hundeproblemen - doch sie darf nicht den Charakter einer Universallösung bekommen. Das Konzept der Rangordnung ist einleuchtend und daher sehr verführerisch. Dieses Denkmodell kann uns helfen, bestimmte Verhaltensmuster soziallebender Tiere besser zu verstehen und auch vorherzusagen. Aber passen Sie auf, dass Sie keinen "Tunnelblick" bekommen. Solche Worthülsen sind immer auch eine Brille, durch die die Wirklichkeit uns nur noch gefiltert erreicht. Hundeprobleme können viele Ursachen haben. Man sollte immer erst die Motivation des Hundes untersuchen. Meist will der Hund gar nicht die Führung übernehmen, sondern einfach nur möglichst viel Komfort für sich selbst herausschlagen.Die pauschale Diagnose "Dominanz" trifft in den seltensten Fällen den wahren Kern des Problems. Es ist nur eine "Erklärungsmütze", die über eine Situation gezogen wird und die den Blick für andere Lösungsansätze verschleiert. Nicht umsonst ist das Wort "Dominanz" für viele zum Unwort geworden. Oft ist ein "dominanter" Hund einfach nur ein schlecht erzogener Hund!
Egal, welcher "Glaubensrichtung" man anhängt, es läuft immer auf das Gleiche hinaus:
- Der Mensch muss Regeln aufstellen und sie auch durchsetzen.
Um es noch einmal klar zu sagen: Die Aussage "Dieser Hund ist dominant" beinhaltet keine Schuldzuweisung an den Hund, sondern lässt - ganz im Gegenteil - einen Rückschluss auf die mangelnden Führungsqualitäten seines Besitzers zu. Das wirkliche Problem findet man immer am oberen Ende der Leine! (eine Einschränkung sei fairerweise allerdings zugestanden: leider sind wir Menschen nicht immer "unseres Glückes Schmied" und manchmal Bedingungen unterworfen, die negative Auswirkungen auf unseren Hund haben können) Auch die Ausrede: "Dieser Hund/diese Rasse ist eben so" ist nur ein Zeichen menschlicher Schwäche. Was auch immer in der Beziehung Mensch-Hund schief läuft, "Schuld" ist nie der Hund, denn der folgt nur seinen inneren Regeln und kennt kein Gut und Böse. Auch ein Hund, der seine Familie terrorisiert ist nicht schlecht. Wir dürfen unsere Hunde nicht mit menschlichen Moralvorstellungen messen. Trotzdem können wir sie nicht einfach "laufen" lassen. In der Menschenwelt herrschen nun mal andere Bedingungen als in der Hundewelt. Und dient die positiv verstandene Dominanz des Menschen nicht auch oft genug dem Schutz des Hundes vor den Gefahren unserer Menschenwelt? Schuld an schlechter Integration hat immer der Mensch: entweder durch mangelhafte Erziehung, fehlende Konsequenz oder unklare Einordnung! Nicht der Hund muss sich ändern indem man seine Dominanz reduziert, ihn evtl. sogar einschüchtert, sondern der Mensch ist gefragt, der sich auf seine Führungskraft besinnen und dem Hund Autorität vermitteln muss. Und da können die unten stehenden "Regeln für das tägliche Miteinander" eine Hilfe für die Besitzer sogen. Problemhunde sein, das eigene Verhalten zu überdenken und evtl. zu ändern. Das kann ein langer und manchmal harter Weg für den Menschen werden aber es lohnt sich! Das "Problem" ist vom Hund, ohne dass man ihm gegenüber jemals ein lautes Wort anwenden muss, und ohne dass man ihm körperliche Gewalt zufügen müsste.
Zur Schau getragene Arroganz und Grabenkämpfe helfen niemandem weiter. Anstatt uns in Gefechtsständen zu verbarrikadieren und gegenseitig zu beschießen sollten wir besser unsere Scheuklappen weglegen. Es geht nicht um das Thema Dominanz an sich sondern darum, was wir unter Dominanz verstehen. Dominanz bedeutet für mich Selbstbewusstsein und Souveränität vorzuleben; dem Hund eine klare Linie vorgeben, an der er sich orientieren kann und ihm Sicherheit geben, indem man ihm durch sanfte Konsequenz zeigt, dass der Mensch das Rudel im Griff hat. Es könnte so einfach sein, wenn man "Dominanz" durch natürliche menschliche Autorität und gegenseitigen Respekt ersetzen könnte. Aber leider ist es für viele Hundebesitzer nicht so einfach. Diesen Hundebesitzern möchte diese Homepage eine Hilfe sein. Und irgendwann führt uns die Wissenschaft vielleicht wieder ein Stück näher an die wahre Seele des Hundes heran.
Zur Definition: Autorität - autoritär - antiautoritär
Autorität ist eine Frage der persönlichen Ausstrahlung (soziale Kompetenz) und der problemorientierten Kompetenz (der "Fachmann"). Eine solche Kombination wird im Allgemeinen widerspruchslos als Autorität anerkannt, ja sogar gesucht. Sie gehört zur Überlebensstrategie von Sozialgemeinschaften. Durch Autoritäten werden erfolgreiche Verhaltensweisen und Techniken weitergegeben, werden auch im weiteren Verlauf zur Tradition. Autoritäten sind für die erfolgreiche Entwicklung des Individuums notwendig.
Autoritär heißt, trotz mangelnder Kompetenz Anerkennung und Respekt zu fordern. Einer solchen Anmaßung wird stets Widerstand entgegengesetzt. Sie wird nur durch Machtmittel aufrecht erhalten. "Autoritär sein" ist das Gegenteil von "Autorität haben".
Die antiautoritär genannte Haltung lehnt nicht nur (anmaßende) autoritäre Forderungen ab sondern zugleich auch die natürliche (kompetente) Autorität. Die antiautoritäre Erziehung im Sinne des durch die 68-er entstandenen falschen Klischee-Begriffs bedeutet etwas ähnliches wie "keine Regeln, maximale Freiheit".
Übertragen auf den Hund heißt das: Der Mensch muss sich für den Hund über das Vertrauen zu einer anerkannten Autorität entwickeln, die respektiert und geachtet wird. Manche Hundeführer strahlen von sich aus eine natürliche, überzeugende und gewaltfreie Autorität aus, so dass die Rollenverteilung absolut klar ist und vom Hund nie in Frage gestellt werden muss. Rangordnung ist in dieser Beziehung dann einfach kein Thema. Die Autorität des Rudelführers ist nicht autoritär. Er agiert für den Hund als souveräne, faire Leitfigur. Der Hund spürt die mentale Stärke seines Menschen und kann ihm vertrauen. Bei der Erziehung des Hundes sollten wir ihm so viel Freiheit wie möglich lassen, ihm gleichzeitig aber auch Grenzen setzen und so viele Regeln und Struktur geben wie nötig. Das Sagen hat auf jeden Fall der Zweibeiner. Der Hund darf niemals "Alpha" sein sondern bestenfalls "Beta"!
Hierarchie durch die Hintertür
Genauso wie die antiautoritäre Erziehung scheiterte, müssten eigentlich auch die fortschrittlichen "antidominanten" Erziehungsmethoden scheitern, die zur Zeit auf den Markt drängen. Aber sind diese Methoden wirklich frei von Dominanz?? "Dominant sein" bedeutet eigentlich nichts anderes als "sich durchsetzen zu können" - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch wer "am Drücker"/Clicker sitzt, verhält sich dominant! Dort spricht man zwar nicht mehr von Rangordnung, arbeitet dafür aber mit einer strikten Ressourcenverwaltung (Nichts ist umsonst), was im Endeffekt auf das Gleiche hinausläuft: man schränkt den Hund ein, dominiert ihn also, indem man Gehorsam (= Unterordnung) verlangt und gibt ihm erst dann, was er will (siehe auch meine Seite über Hundeerziehung). Und da man nicht zugeben will, dass man auf Rangordnung nicht verzichten kann, gibt man dem "Kind" einfach einen anderen Namen, spricht von einer gehobenen Funktion und nennt es "Idol" statt "Alpha". Ohne Erziehung mit festen Regeln und Strukturen ist artgerechte Hundehaltung eben nicht möglich. - Diese Konditionierungstheorien funktionieren perfekt und sind zu begrüßen, weil sie völlig auf Gewalt verzichten. Traurig ist jedoch, dass sie lediglich eine oberflächliche Bedienungsanleitung für Hunde geben, dabei aber das ganze komplexe Beziehungsgeflecht, zu dem der Hund als hochsoziales Lebewesen fähig ist, verleugnen. Der Einfachheit halber interessiert man sich nicht mehr dafür, weshalb der Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt, macht noch nicht mal den Versuch, die Ursachen des Hundeverhaltens zu verstehen. Man beschränkt sich auf bloße Dressurleistungen. Und wenn der Mensch dann ein "Problem" mit dem Hund hat, "repariert" er lieber den Hund - das ist bequemer als sein eigenes Verhalten zu ändern. Das passt in unsere technische Zeit: Beziehung scheint nichts, Funktion alles. Ist das wirklich alles?? Ray Coppinger schreibt dazu: "Wer mit Hunden nach den Standardmethoden der operanten Konditionierung arbeitet stellt oft fest, dass irgendetwas fehlt." - Vielleicht spricht sich das ja mal herum.
Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt
Die Sache mit der Dominanz - Versuch einer Klärung
Das Ansehen der Großen beruht auf der Ehrfurcht der Kleinen
Heute hört man von Hundebesitzern immer wieder den Ausspruch: "Mein Hund ist dominant!" Dabei wird automatisch vorausgesetzt, dass manche Hunde oder Rassen 'von Natur aus' dominant sind. Doch das ist ein grundlegendes Missverständnis. Dominanz ist nicht schicksalhaft gegeben. Lediglich die Neigung zur Dominanz kann manchmal ererbt sein. Doch was daraus wird, liegt voll und ganz in unserer Hand.
Der Begriff "dominant" wird in der Regel für Hunde verwendet, die z. B. durch Aufmerksamkeit heischendes Verhalten ihre Besitzer bedrängen, ihr Futter verteidigen, Gehorsamsübungen verweigern oder die häufig in Konflikt mit anderen Hunden geraten. Doch sind diese Hunde wirklich immer dominant? Ist es so einfach??
Das Wort Dominanz kommt vom lateinischen dominari = überlegen sein. Eine dominante Verhaltensweise ist gleichbedeutend mit Bestimmen und Führen im Sinne von Lenken. Also keine schlechte Eigenschaft des Hundes, sondern ein Zeichen seiner starken Persönlichkeit. Dominant ist der, der die Initiative ergreift und agiert. Derjenige, der reagiert ist der Unterlegene, Subdominante. Dominanz bedeutet das erfolgreiche, nicht aggressive Durchsetzen von Interessen. Geistige Stärke ist wichtiger als körperliche.
Dominanz ist keine Eigenschaft eines Individuums - kein Hund ist von Geburt an dominant. Zur Ausbildung einer Rangposition gehören immer mindestens zwei! Dominanz ist eine Form der Beziehung und zwar eine individuell entstandene mit Vorgeschichte. Dominanz klärt den Zugang zu umstrittenen Ressourcen, oder das Vorrecht, Konflikte im eigenen Interesse zu lösen. Auch ein sogen. Kopfhund kommt nicht als Dominator zur Welt, sondern ist allenfalls zeitweise in Bezug auf eine Ressource gegenüber einem anderen Individuum dominant.
Rangordnung ist keine Dominanzhierarchie, sondern eine Unterwürfigkeitshierarchie! Dominanz ist primär eine aktive Leistung des Rangtieferen (!), der dem anderen ungehinderten Zutritt zu einer Ressource ermöglicht. Die aktive Zurückhaltung des Rangtieferen ist der ausschlaggebende Punkt. Dominanz definiert sich also durch die Unterordnung eines Individuums unter das andere. Wenn der Subdominante keine Unterwerfung zeigt, kann der "Dominante" imponieren bis ihm schwarz vor Augen wird. Chef wird er alleine dadurch noch lange nicht. Der "Dominante" braucht unbedingt jemanden, der ihm signalisiert: "Ja, Du bist der Boss!"
Merksatz: Ein Hund ist nur dominant, wenn der Besitzer sich dominieren lässt!
Laut Dr. Dorit Feddersen-Petersen werden folgende Verhaltensweisen als dominantes Verhalten bei Hunden zusammengefasst: Wegverstellen, "Blickfixieren" oder "Festhalten", Bewegungskontrolle, Runterdrücken, In die Ecke drängen, Zwicken, Verprügeln (gehemmtes Beschädigungsbeißen) und Verdrängen. Über die Schnauze beißen und quer aufreiten stellen zwar keine deutliche Einschränkung dar, sind aber durch klare Duldung des Rezipienten gekennzeichnet (=Dominanz anzeigendes Verhalten). Aktive und passive Unterwerfung sind Ausdruck der Akzeptanz und Subdominanz. Auch Körperhaltungen wie Sich-groß-Aufbauen und Sich-Kleinmachen gelten als deutliche Anzeiger der Dominanzverhältnisse.
Doch keine Regel ohne Ausnahme: Dominanz ist nicht die einzige Form der möglichen Ressourcenzuteilung ohne Chaos und Aggression. Es können durchaus auch Zuteilungen entgegen der Rangordnung möglich sein, denn man muss unterscheiden zwischen der stabilen formalen Dominanz, die vom Rudelführer durch bestimmte Statussignale demonstriert wird und der flexibleren aktuellen Situation, bei der der eigentlich Ranghöhere ohne weiteres souverän auf sein Prioritätsrecht verzichten kann. So kann auch ein rangniederer Hund in der aktuellen Situation dominant erscheinen, weil er besonders stark motiviert ist, z.B. hungriger ist als der sogenannte Alpha. Trotzdem wird dessen Position in keiner Weise in Frage gestellt. Stabile Dominanz bedeutet also nicht ständige Dominanz! Im Wolfsrudel gilt ein Tier als dominant über ein anderes, wenn es sich in 80 % der Fälle durchsetzt.
Sind dominante Hunde selbstsicher?
Echte Dominanz ist etwas sehr positives
Dominanz, die sich auf Souveränität gründet ist vergleichbar mit kompetenter Autorität. Ein souveräner Hund ist seiner Aufgabe gewachsen. Er strahlt Selbstsicherheit aus und schafft alleine durch seine Anwesenheit Ordnung, Sicherheit und Ruhe. Ein souveräner Hund ist gelassen, er ruht in sich selbst. Er besitzt eine Autorität, die es nicht nötig hat, auf Aggressivität zurückzugreifen. Aber er weiß auch: "Wenn Not am Mann ist, dann werde ich mich schon durchsetzen." Er muss deshalb auch nicht auf alles und jedes und sofort reagieren. Er hat Zeit, kann andere auflaufen lassen (das wird ihm dann als Sturheit ausgelegt und macht seine Erziehung so anstrengend). Und er kann auch mal fünfe gerade sein lassen. Aber wenn seine Autorität in Frage gestellt wird, kann er sich durchaus auch mal in angemessener Weise der Aggressivität bedienen. Diese Aggression wird kontrolliert sein, was bedeutet, dass der dominante Hund genau die notwendige Korrektur anwenden wird, damit der Untergeordnete seine Privilegien respektiert. Im Hunderudel könnte er der "Alpha" sein.
Gemachte Dominanz wird zum Problem
Dominanz, die aus Verunsicherung erwächst ist vergleichbar mit autoritärer Anmaßung. Ein solcher Hund ist ein Hochstapler, der sich eine Rolle anmaßt, die ihm nicht zusteht. Auslöser dieses Verhaltens ist der Mensch, der als Autorität versagt hat. Der Hund braucht aber Regeln, und so füllt er selbst das Vakuum, das durch die Führungsschwäche des Menschen entstanden ist. Ein Hund, der aus Unsicherheit heraus dominant erscheint ist mit seiner Rolle als Alpha, der sein Rudel schützen muss, in Wirklichkeit überfordert und kann durchaus aggressiv sein (der vierbeinige Tyrann). Seine Aggressivität ist ein Zeichen seiner Schwäche. Im Hunderudel würde er nicht ernst genommen. Er könnte niemals "Alpha" sein.
Das Dominanzverhalten dieser unsicheren Hunde sollte man vielleicht eher als "Kontrollkomplex" bezeichnen. Diese überforderten Hunde versuchen, ihre Unsicherheit zu kompensieren, indem sie Dinge oder Situationen, die ihnen wichtig erscheinen, unter ihre Kontrolle bringen, was ihnen Sicherheit vermittelt. Für sie ist jeder Tag ein Kampf.
Merke: Ein selbstsicherer Hund muss nicht dominant sein und ein dominanter Hund ist manchmal alles andere als selbstsicher.
Das Wolfsrudel als Vorbild für
die Hundeerziehung und -ausbildung?
Wa chsen lassen, nicht besitzen!
Unsere Hunde sind zwar keine Wölfe mehr und haben sich im Laufe von 15.000 Jahren an das Zusammenleben mit dem Menschen angepasst, trotzdem wird als Erklärung für das Verhalten von Hunden immer wieder das Rudelleben der Wölfe herangezogen und auf den Hund übertragen. Sicher - wir können viel vom Wolf lernen, z.B. über sein Ausdrucksverhalten oder wie wir unserem Hund etwas vermitteln können, wie wir ihn artgerecht strafen und loben. Aber wissen wir wirklich, wie sich Wölfe verhalten?? Aus heutiger Sicht sind all diese Weisheiten vorschnell. Wie die Rudelhierarchie der Wölfe wirklich funktioniert, können wir noch immer nicht sicher sagen. Und selbst wenn wir das könnten - wie sollen wir das auf unsere Wohlstandswauwaus übertragen?
Besonders wenn es um Unterordnung, Dominanz und Rangordnung geht, müssen immer wieder die Wölfe für diverse Rudeltheorien herhalten. Doch gerade auf diesem Gebiet hat sich unser "Wissen" in den letzten Jahren stark verändert. Also - wie erreichen bei den Wölfen die Alphatiere überhaupt ihren dominanten Status? Früher glaubte man, dass Wölfe in einer starren, auf Zwang basierenden Dominanzhierarchie leben und die diktatorischen Alphas ihren höheren Status gegen nachdrängende Rebellen immer wieder durch Kämpfe "mit Zähnen und Klauen" verteidigen müssen. Dementsprechend sollten auch die Befehle des Menschen eherne Gesetze sein, die notfalls mit Gewalt durchgesetzt wurden. Autorität und Dominanz wurde mit Strenge, Härte oder gar Strafe gleichgesetzt. Bei Ungehorsam sollte der Hundeführer dem Hund seine körperliche Überlegenheit durch rüde Umgangsformen und Starkzwang klarmachen (kneifen ins Ohr, Umdrehen der Hoden, Tritt in die Seite, "Kopfnuss", Stock, Reizstromgerät, aufhängen am Halsband, dünnes Würgehalsband, Stachelhalsband oder völlig unverhältnismäßig angewandte scharfe Leinenrucke). Fehlverhalten des Hundes wurde als absichtliche Widersetzlichkeit betrachtet: man unterstellte dem Hund menschliche Motive und sagte, der Hund wolle seinen Hundeführer 'reinlegen', 'austricksen' oder 'ärgern'. "Er weiß es genau, aber er tut es extra nicht" heißt es dann. Echte Verweigerungen sind jedoch eher selten und dann meist gerade die Folge von Zwangseinwirkungen. Die Ausbildung des Hundes wurde vor allem als Machtkampf zwischen Herrn und Hund angesehen. Motto: Zuckerbrot und Peitsche. So hat man innerhalb kürzester Zeit einen Hund, der aufs Wort pariert. Allerdings gehorcht dieser Hund nicht aus Achtung vor seinem Besitzer sondern aus Angst vor Strafe. Er ist kein Kamerad sondern ein Sklave.
In Wirklichkeit gibt es diese menschlich verstandene Dominanz - Macht nur um der Macht willen, Macht die etwas beweisen soll, Macht die Kraft zeigt - unter Wölfen gar nicht. Die meisten Beobachtungen, die früher als Vergleich zu unseren Hunden herangezogen wurden, sind an in Gefangenschaft lebenden Gruppen gemacht worden, die willkürlich zusammengesetzt wurden, also kein gewachsener Familienverband waren. Diese Sammelgruppen mussten auf eng begrenztem Raum leben und hatten keine Ausweichmöglichkeiten. Durch den unerträglich hohen Stresslevel war die Aggressivität der Tiere untereinander in diesen Wolfsgehegen natürlich relativ hoch. Neuere Forschungen an freilebenden Wolfsrudeln zeigen dagegen ein ganz anderes Bild. Die alte Mär vom ständig führenden Oberwolf, der diktatorisch sein Zepter schwingt und dem sich alle anderen quasi willenlos unterordnen, bröckelt mehr als gewaltig. Wir dürfen nicht den Fehler begehen, das Stressverhalten von Wölfen mit dem Normalverhalten unserer Hunde gleichzusetzen!
Genauso sind aber auch wilde Hunde, die von den Abfällen der menschlichen Überflussgesellschaft leben und es gar nicht nötig haben, sich zu organisieren, ein schlechter "Ratgeber". Zwar leben auch unsere Wohlstandswauwaus im Überfluss und müssen nicht für das Überleben der Familie sorgen, aber sie leben nicht in Freiheit, können nicht einfach ihrer eigenen Wege gehen. Unser Sofawolf muss sich einordnen und kann nicht einfach tun, was er will. Und ist nicht gerade eine solche Goldmine von Ressourcen, von Gourmetnahrung bis hin zur allabendlichen Massage, etwas, worum es sich zu kämpfen lohnt?
Wölfe verhalten sich den Erfordernissen einer Situation entsprechend. Das Rangverhalten orientiert sich nicht an einer formalen, prestigebeladenen Hierarchie, sondern an den für das Überleben erforderlichen Funktionen. Ranghoch zu sein, hat in erster Linie etwas damit zu tun, sich um das Wohlergehen der Rudelmitglieder zu kümmern. Die Alphatiere leiten die Geschicke ihres Rudels nur, wenn es um Reproduktion, Nahrungsbeschaffung oder Gefahrenvermeidung geht. Der Alpha hat Erfahrung, "hat den Plan", und seine "planlosen" Nachkommen tun gut daran, sich an den Älteren zu orientieren. Sie folgen ihnen aus Eigeninteresse - oder auch nicht. "Gehorsam" spielt im Wolfsrudel keine Rolle. Unsere Ausbildung und die Forderung von absolutem Gehorsam wäre für einen Wolf etwas völlig unnatürliches. Der Leitwolf kann seine Schutzbefohlenen zu nichts zwingen. Er kann durch Imponieren oder Aggression lediglich Unterlassungen fordern. Aktivität jeder Art jedoch erfordert Motivation - die anderen müssen es wollen. Die Kooperation geschieht also freiwillig. Zurechtweisungen kommen im Wolfsrudel sehr selten vor. Nur im Ausnahmefall werden dem Nachwuchs die Grenzen gezeigt - und wenn, dann geschieht dies meist gewaltfrei und so gut wie ohne Körperkontakt. Falls eine Zurechtweisung nötig ist, genügt ein Blick, eine drohende Körperhaltung oder ein Knurren. Ein ranghöheres Tier maßregelt ein rangniederes nicht ständig, lässt es durchaus auch selbständig agieren und delegiert ihm Aufgaben, für die es besonders geeignet ist. In einem Rudel spielt jeder seine Rolle. Im sicheren Kernrevier scheint es sogar überhaupt keine Rolle zu spielen, wer die Gruppe anführt. Die Leittiere räumen gelegentlich ihren Untergebenen Rechte ein, die eigentlich nur ihnen selbst zustünden. Sie haben es nicht nötig, ständig den Chef heraushängen zu lassen - aber das können nur die wirklich Souveränen! Doch wenn es darauf ankommt, wird der "Alpha" agieren und seine Entscheidung treffen - und die steht dann nicht zur Diskussion.
Unsere Haushunde leben unter ganz anderen Bedingungen als ihre Urahnen. In freier Wildbahn wandern erwachsen werdende Jungwölfe, die mit ihrer Familie in Konflikt geraten sind, im Alter von etwa 2-3 Jahren ab und gründen ein eigenes Rudel. Wäre das nicht möglich, sähe das Zusammenleben im Rudel auch in freier Wildbahn sicher nicht mehr so friedlich aus. Unser Sofawolf aber kann nicht einfach seiner eigenen Wege gehen und muss gehorchen. Wir halten ihn sein Leben lang in jugendlicher Abhängigkeit. Eigenständige Hunde wie der Hovawart zeigen dann immer wieder Expansionstendenzen, denen wir rechtzeitig entgegenwirken müssen. Natürliches Hundeverhalten ist im Familienbetrieb nur seltenst erwünscht. Hier muss es Regeln und Hierarchien geben - und damit auch Dominanz, um diese durchzusetzen. Dabei sollten wir aber nicht aggressiv werden, wie es das alte Rudelmodell nahe legt, sondern uns eher wie gute Eltern verhalten, die ihren Nachwuchs führen und fördern. Autorität ist nicht das Ergebnis von einzelnen Unterordnungsübungen, sondern ein Resultat des praktizierten täglichen Umgangs. Der Hund erwartet von uns eher eine psychische Überlegenheit als eine körperliche. Und das sollte uns doch eigentlich nicht allzu schwer fallen ;-)
Rangordnung Dominan z
Wenn wir unsere geistige Überlegenheit ins Spiel bringen und unserem Hund im täglichen Leben unsere Führungsqualitäten zeigen, wird der Hund uns gehorchen, weil er es für richtig hält. Freiwilliger, freudiger, vertrauensvoller Gehorsam ist das, was jeder Hundebesitzer anstreben sollte.
Literaturtipp für ein entspannteres Miteinander:
Wölfisch für Hundehalter: Von Alpha, Dominanz und anderen populären Irrtümern
Günther Bloch und Elli H. Radinger, Franckh-Kosmos Verlag, ISBN 3440122646
Rangeinweisung
Nicht nur der nach oben in der Rangordnung seiner Familie strebende Hund beißt,
sondern ganz besonders der ständig nach unten gedrückte Prügelknabe aus Angst.
Nahezu alle Probleme mit Hunden haben ihre Ursache in ungeklärten Dominanzverhältnissen. Die Rangeinweisung ist der erste Schritt in der Erziehung. Bei der Aufnahme eines Welpen in die Familie ist die Einordnung auf dem hintersten Platz naturbedingt, denn der Jüngste fängt eben ganz unten an, und das weiß der Welpe. Diese natürliche Rangordnung muss eigentlich nur noch aufrecht erhalten werden. Wenn der Junghund ins Flegelalter kommt, kann die Rangordnung aber durchaus einmal der Klarstellung bedürfen. Es ist biologisch absolut funktional, dass jüngere Hunde die Älteren immer wieder mal "hinterfragen" und austesten, ob diese überhaupt noch in der Lage und willens sind, das Rudel weiterhin zu führen. Zeigt der Mensch nun Führungsschwäche, so zieht der Hund den Schluss: "Mein Chef ist kein Chef, und bevor hier alles den Bach runtergeht, übernehme ich die Verantwortung lieber selbst. Einer muss ja schließlich . " Der Kompetenteste übernimmt die Führungsposition. Klingt doch logisch, oder? So "denkt" nicht nur der Hovawart. Ist die Rangordnung nicht geklärt, glaubt auch der winzigste Hund, die Initiative ergreifen und die "Herrschaft" im Haus in die Hand bzw. zwischen die Zähne nehmen zu müssen (kaum zu glauben, aber gerade kleine Hunde haben ihre Menschen oft besonders gut im Griff). Die ersten, scheinbar harmlosen Vorzeichen dieses Konflikts werden von den Besitzern leider oft übersehen. Doch als ob man einen Lichtschalter umlegt, übernimmt der Hund eines Tages "überraschend" die Verantwortung und setzt seine Rechte und Pflichten durch. Baut sich dann ein kräftiger Rüde bedrohlich auf, reagieren die Besitzer meist unsicher und ängstlich. Damit bestätigen sie das Verhalten des Hundes in seinen Augen als richtig und notwendig. Aber in anderen Situationen verhalten sich die menschlichen "Underdogs" manchmal doch nicht so, wie es ihrem niederen Rang entsprechen würde. Spätestens dann, wenn körperliche Strafen mit ins Spiel kommen, kann die Situation eskalieren. Entwickelt sich der ehemals putzige Knuddelbär dann zum Tyrannen, ist die Enttäuschung groß. Und ist der Hund erst in den Brunnen gefallen, wird er schnell als bissig und unberechenbar in den Müll (Tierheim) entsorgt oder sicherheitshalber gleich in den "Hundehimmel" geschickt .
Hundehaltung mit "Verwöhnaroma". Ein Problem ist die zunehmende Vermenschlichung unserer Hunde in einer Zeit wachsender sozialer Kälte unter den Menschen. Unsere Vierbeiner dürfen viel zu selten einfach nur "Hund" sein. Sie werden wie Paschas umsorgt und verhätschelt, sitzen auf Frauchens Schoß und schlafen in Frauchens Bett. Der Hund fungiert als Partnerersatz, mit dem dann demokratisch/vermenschlicht zusammen gelebt wird. Gerade kleine Hunde spielen bei ihren Menschen oft die erste Geige. Sie sind einfach zu niedlich um sie wie einen richtigen Hund zu behandeln. Und der Hund nimmt die Liebesbeweise, die in seinen Augen Beschwichtigungsgesten eines Untergebenen sind, entgegen, glaubt sich zum umworbenen Boss gekürt und besteigt den Thron, den man ihm angeboten hat. Denn die Rangordnung wird nicht durch Aggressionsverhalten gefestigt, sondern durch das Unterwerfungsgehabe des Rangniederen. Wir müssen lernen, die Welt mit den Augen und dem Verstand des Hundes zu sehen. Die wirkliche Hundewelt ist leider nicht so romantisch, wie Disney uns das suggeriert. Würden wir die Bedürfnisse unserer Vierbeiner und ihr wölfisches Erbe wirklich respektieren und achten, wäre unsere Gesellschaft um viele sogenannte Problemhunde ärmer. Hunde sind Ordnungsfanatiker. Ohne klare Rangordnung sind sie unsicher, ängstlich, aggressiv und schwer bis nicht erziehbar. Sie wirken oft hektisch und gestresst. Stuft man sie in der Rangordnung herunter, sind sie deutlich ausgeglichener und zufriedener, denn Regeln vermitteln dem Hund Sicherheit und Geborgenheit. Je klarer Sie für ihn die Führungsposition innehaben, desto mehr kann er Ihnen "glauben" - gerade auch in schwierigen, angstauslösenden Situationen. Nur eingeordnete Hunde sind (selbst)sichere Hunde.
Unterdrückung macht die Seele klein. Die Rangeinweisung sollte nicht zum Ziel haben, den Hund einzuschüchtern oder völlig zu unterwerfen. Über die Rudelführung entscheiden weniger Kraft und Herrlichkeit, sondern Klugheit und Erfahrung. Der Mensch muss dem Hund ein Führer sein, aber nicht einer, vor dem der Hund Angst haben muss. Ein guter Rudel-/Hundeführer gibt seinem Hund Unterstützung und Liebe. Er ist einer, der den Weg weist, zu dem der Hund aufschauen und dem er vertrauen kann: ruhig, sicher, beschützend und freundlich. Ein guter Führer belohnt und unterstützt anstatt nur falsches Verhalten zu bestrafen und wird nur äußerst selten aggressiv um Konflikte zu lösen. Auch in der Mensch/Hund-Beziehung sollten aggressive Handlungsweisen wie der sogen. "Alphawurf" auf seltene Extremsituationen beschränkt werden um den Hund an seinen geringeren Rang zu erinnern. Ich habe die Alpharolle bei Argus nur 2 oder 3mal angewendet, als er im Flegelalter war und eine deutliche Maßregelung "brauchte". Nach einer solch harten Maßnahme muss aber immer etwas positives kommen. Deshalb sollte man dem Hund durch Ausführen eines Befehls sofort die Gelegenheit zu richtigem Verhalten geben, das man belohnen kann. Die Alpharolle ist nicht dazu geeignet, den Hund einzuordnen! Ganz im Gegenteil. Ist die Rangordnung nicht bereits vorher geklärt, kann diese äußerste Disziplinierungsmaßnahme sehr leicht ins Auge gehen. Wenn ein Hund in dieser Situation beißt ist er nicht dominant oder bösartig, sondern er glaubt, sein Leben verteidigen zu müssen. Ihm fehlt das Vertrauen zu seinem Menschen.
Autorität überzeugt, nicht aber autoritäres Machtgehabe. Wer seinem Hund mit drakonischen Zwangsmaßnahmen, Gewaltausbrüchen, Härte, Druck, Strafe, Schlagen, Schreien, Schimpfen und barschem Kommandieren zeigen will, wer der Herr im Hause ist, hat die Schlacht schon von vornherein verloren. Diese dumm-groben Methoden signalisieren dem Hund eher die Unterlegenheit seines Besitzers. In der Hundesprache ist Nervosität und Hektik ein Zeichen der Schwäche. Und solange Sie nicht erfolgreich ihre Position als "Alpha" etabliert haben, werden fragwürdige Korrekturen wie Schlagen, Schütteln oder Alpharolle sowieso nicht funktionieren. Im Gegenteil, sie können bei einem selbstsicheren Hund sogar gefährlich sein und ins Auge gehen, denn ein Alphatier kann auf solche Methoden mit heftiger Gegenaggression reagieren.
Dem Sanftmütigen und Schlauen gehört die Welt
Dominanz entsteht ohne tatsächlichen Kampf. Jeder Versuch der Aggression würde eine Herablassung zu dem Niveau des wutschnaubenden, also schwächeren Gegners bedeuten. Einen hohen sozialen Status erreicht in einem Hunde/Wolfsrudel nicht das stärkste und aggressivste Tier, sondern ein besonders erfahrener Wolf, der die höchste soziale Kompetenz und auch Jagdkompetenz zeigt. Also Fähigkeiten, die das Überleben der Gemeinschaft sichern. Alpha-Wölfe sind Leitfiguren mit Vorbildfunktion, die viele Aktionen einleiten. Rudelführer ist nicht der Stärkere, sondern der Schlauere!
Ein Rudelführer hat Vorbildfunktion. Langzeitstudien an Wölfen ergaben, dass ein "wahrer Alpha" die Fähigkeit hat, ohne physische Gewalteinwirkung für Ordnung in der Gruppe sorgen zu können. Hunde sind Meister der Konfliktvermeidung! Nur so bleibt die Rudelgemeinschaft erhalten. Ein Rudelführer muss also Lösungsstrategien entwickeln und anwenden können. Um die richtige Strategie zu finden, müssen Sie eine gewisse Intelligenz aufweisen und Entscheidungen treffen können. Natürlich muss ein "Alpha" auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen besitzen um seine Stellung zu behaupten, aber das läuft in der Regel gewaltfrei ab. Diplomatie ist erfolgreicher als Aggression, denn bei Aggression kann einer gewinnen - das stimmt. Aber beide können auch verlieren. Bei beschwichtigten Konflikten können sich beide Parteien als halbe Sieger fühlen, da keiner unterliegt. Sie haben keine Wunden zugefügt bekommen und sind psychisch stabil geblieben. Das vermeidet Folgekonflikte und die Sozialgemeinschaft bleibt nach außen stark. All diese Eigenschaften, die zur Erhaltung des Rudels wichtig sind, sind von Natur aus nicht negativ und sogar zum Überleben notwendig.
Ein echter Alpha agiert souverän, fair, konsequent und durchaus auch liebevoll! Ein Alpha hat es nicht nötig, seinen Vorrangstatus immer und immer wieder zu bestätigen. Er regiert durch subtile, psychologische Kontrolle, die durch rituelles Gebaren (eindrucksvolle Körpersprache, ausdrucksstarker Blickkontakt) durchgesetzt wird. Der echte Alpha vermittelt den anderen Gruppenmitgliedern Sicherheit und Geborgenheit. Sie fühlen sich zu ihm hingezogen.
Hunde brauchen klare Regeln, an die sie sich halten können, also eine konsequente Erziehung. Die Kunst der Rangeinweisung liegt darin, dem Hund deutliche Grenzen aufzuzeigen und ihm trotzdem zugleich auch seine hündische Freiheit und Entfaltungsmöglichkeit zu belassen. Er muss auch unter menschlicher Dominanz seinen persönlichen Charakter ausbilden können, braucht Spielräume für seine bi ologischen Bedürfnisse und muss deshalb auch ohne ständige Gängelei seitens seiner menschlichen Bindungspartner selbständiges Verhalten umsetzen dürfen. Solange es keine Unstimmigkeiten in der Rangordnung gibt, darf sich der Hund frei entfalten.
Das Leben ist ein großer Fluss
Keine Rangordnung ist festgeschrieben; sie kann sich verändern, der Unterste kann sich nach oben kämpfen, der Höchste kann seinen Rang verlieren. Es ist immer nur ein Prozess, nie ein Dauerzustand. Die Rangordnung wird ununterbrochen durch ein Geflecht vieler kleiner Symbolhandlungen und fein nuancierter körpersprachlicher Gesten im täglichen Zusammenleben abgesichert. Die Alphatiere halten die Ordnung im Rudel ohne großen Aufwand mit Blicken und Bewegungen aufrecht. Sogar der Wechsel in der Alpha-Position des Rudels kann ohne jeden Kampf nur über mimischen und gestischen Austausch zustande kommen. Jede Handlung des täglichen Lebens - fressen, schlafen, um Aufmerksamkeit betteln, spielen, Körperkontakt und Initiative - hat auch hierarchische Bedeutung. Diese soziale Kommunikation macht tatsächliche Kämpfe und Auseinandersetzungen überflüssig. Die symbolische Aktion ersetzt die reale.
Wer ist der "Herr" im Haus?
Hunde sind soziale Tiere, die sich durchaus in ihre Familie eingliedern möchten. Dafür brauchen sie aber unsere Hilfe: mit liebevoller Konsequenz, Souveränität und Klarheit sollten wir unserem Hund Regeln geben, die es ihm erleichtern, sich in unserer Familienstruktur wohl und sicher zu fühlen. Hunde, die zu "Dominanz" neigen, sind häufig Tiere, denen diese Struktur fehlt.
Der Grund für die angebliche Dominanz mancher Hunde liegt meist im falschen Verhalten ihrer Besitzer. Die nachfolgenden Regeln sollen einen Leitfaden für das familiäre Zusammenleben darstellen und den Menschen helfen, Ordnung in ihr Leben mit Hund zu bringen. Hunde brauchen eindeutige Strukturen. Sie brauchen Menschen, die berechenbar sind und auf die Verlass ist. Durch das Einhalten dieser Rituale können einige häufig vorkommende Probleme mit Hunden reduziert werden. Die Grundregeln helfen dem Menschen, das eigene Verhalten zu überdenken und evtl. zu ändern. Für manche Hundeführer können diese Regeln ein Rettungsanker sein, weil sie dadurch endlich ein Werkzeug/einen Fahrplan in der Hand halten, nach dem sie vorgehen können. Dem Hund verdeutlicht das Regelwerk seine Stellung im Familienrudel, auch wenn es sich um scheinbar nebensächliche Schauplätze handelt.
Diese Regeln sind nicht für erfahrene Hundebesitzer gedacht, die wissen, wie Hunde "ticken" und ihr Leben entsprechend eingerichtet haben. Ob der Hund auf's Sofa darf, oder Leckerlies vom Tisch bekommt, ist dann meist unerheblich, da es die Rangordnung in diesen Fällen nicht auf die Probe stellt. Aber leider ist es für viele Hundebesitzer nicht so einfach. Diesen Hundebesitzern sollen diese Regeln eine Hilfe sein.
Wer keine Probleme mit seinem Hund hat, kann diese Regeln getrost "vergessen".
In einer intakten Hund-Halterbeziehung stören diese Regeln mehr als dass sie etwas nutzen würden!
Sie nehmen dem Hund die Eigeninitiative, die normalerweise sehr erwünscht ist! Ich lasse mich jedenfalls gerne von meinem Hund auffordern und gehe auch darauf ein. In einer intakten Hund-Mensch-Beziehung ist das gar kein Problem.
"Jetzt gehst Du gleich nochmal raus,
kommst wieder rein und sagst 'bitte', klar?"
Es ist ein Fehler, die eigenen demokratischen Denkstrukturen dem Vierbeiner aufzuerlegen, nur damit die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen befriedigt werden. Das Gleichheitsprinzip gilt allenfalls für Schwärme, nicht aber für Gruppen mit echten sozialen Strukturen. Die Hundewirklichkeit sieht anders aus. Demokratie ist für Hunde schlichtweg asozial. Jeder Hund denkt hierarchisch - mit Gleichberechtigung hat er nichts am Hut. Entweder führt der Mensch ihn oder er den Menschen. Wir sollten uns also in diesem Fall von unserer liberalen Einstellung lösen - Ihr Hund wird es Ihnen danken. Er erwartet die Eingliederung in die soziale Gruppe als Fundament seiner sozialen Sicherheit.
Der ideale Hovawart-Besitzer ist konsequent, aber auch geduldig, liebevoll, einfühlsam und fürsorglich. Er hat Autorität ohne autoritär zu sein, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Der ideale Anführer ist ein ausgeglichener und besonnener Entscheidungsträger. Würde, Selbstsicherheit und Willensstärke verleihen ihm eine natürliche Überlegenheit und Durchsetzungsfähigkeit. Der Hund schenkt seine Anerkennung nicht einem dominanten Diktator, sondern vertraut nur einem Wesen mit vielfältiger sozialer Kompetenz.
Die Zauberformel zur Rudelführerschaft lautet:
Regeln für das tägliche Miteinander
Diese Hausstandsregeln sind gedacht für Menschen und ihre Hunde, die Probleme im täglichen Miteinander haben. Ist in der Mensch-Hund-WG dagegen alles in Ordnung, muss man sich nicht an diese Regeln halten.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Bei meinen eigenen Hunden befolge ich diese Regen nicht! Sie sind auch so gut eingeordnet und machen keine Probleme. Weshalb sollte ich unser Zusammenleben also mit diesen Regeln belasten? Meine Hunde dürfen z.B. auf die Couch und ins Bett. Das Futter bekommen sie manchmal vor uns, sie dürfen Aufmerksamkeit erbetteln, zu Aktionen auffordern und bei Zerrspielen lasse ich sie fast immer gewinnen. Aber wenn ich will, dann setze ich mich auch wirklich durch!
Denken Sie immer daran: Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern auch viele Graustufen dazwischen. Finden Sie Ihren eigenen Weg!
Jeder Hund ist anders und braucht in anderen Bereichen Führung und Einschränkung, je nach Rasse und individuellen Eigenschaften. Oft reichen ganz wenige, gezielte Regeln. Entscheidend ist: Es sollte in den Bereichen Regeln geben, die für diesen individuellen Hund von Signalwirkung sind.
Aber Vorsicht: Durch ruckartiges Entwirren von Fellverfilzungen verbinden Hunde die Fellpflege oft mit Schmerz. Um das zu vermeiden, sollte man den Hund zunächst streicheln und an unempfindlichen Stellen bürsten.
. dazu noch ein Tipp: Man sollte vom Hund ab und zu ein "Platz" fordern, bei dem er sich auch auf die Seite oder den Rücken dreht. Dabei darf der Hund allerdings nicht vorzeitig aufstehen und wird notfalls sanft aber bestimmt heruntergedrückt. Dann kann man ihm zärtlich (nicht nur) seinen Bauch kraulen, bis er sich völlig entspannt und vor Wonne die Augen schließt. So schön kann vertrauensvolle "Unterwerfung" sein!
Besitz ist ein Symbol für Macht. Das Spiel mit einem klaren Wort, z.B. "Schluss" beenden - und sich auch daran halten. Genug ist genug.
Liegt der Hund im Weg, einfach "durch den Hund hindurchgehen" so dass er weichen muss.
Wenn der Hund das Regiment übernimmt
Menschenerziehung - leicht gemacht
Ein gut erzogener Hund wird nicht darauf bestehen,
dass Du die Mahlzeit mit ihm teilst;
er sorgt lediglich dafür,
dass sie Dir nicht mehr schmeckt.
Die Hunde haben ihr Verhalten in den Jahrtausenden unseres Zusammenlebens hervorragend an uns Menschen angepasst und gelernt, uns zu beeinflussen. Aus den Mitessern am Rande der Gesellschaft entwickelten sich unsere Wohlstandswauwaus, die es sich auf unsere Kosten gut gehen lassen. Sie sind wahre Meister in der "Erschleichung" von Privilegien und unserer Sympathie.
Und das sieht dann manchmal so aus: ;-))
1. Der Hund darf nicht ins Haus.
2. OK, der Hovawart darf ins Haus, aber nur in bestimmte Räume.
3. Der Hund darf in alle Räume, aber nicht auf die Couch.
4. Der Hund darf nur auf die alte Couch.
5. Also gut, der Hund darf auf alle Polstermöbel, aber nicht mit ins Bett.
6. OK, der Hund darf ins Bett, aber nur manchmal.
7. Der Hund kann im Bett schlafen, wann immer er möchte, aber nicht unter der Decke.
8. Der Hund darf nur manchmal unter der Decke schlafen.
9. Der Hund kann jede Nacht unter der Decke schlafen.
10. Menschen müssen um Erlaubnis bitten, wenn sie mit dem Hund unter der Decke schlafen möchten.
11. Wir schlafen in einem neuen Bett.
Doch Spaß beiseite . den Hund mit ins Bett zu nehmen, kann zum Rangordnungsproblem werden. Wölfe würden es nie wagen, das Lager des Rudelführers unaufgefordert zu belegen. Der würde sie auch nie dazu auffordern. - Und es sind nicht nur kleine Hunde, die das Menschen-Bett wärmen. Macht der Hund dann Schwierigkeiten mit seinem Dominanzverhalten, wird auch das gern unter der Decke gehalten. Wenn Sie Ihrem Hund den Körperkontakt nicht verwehren wollen, versuchen Sie es doch einfach mal mit Sozialliegen eine Etage weiter unten, auf dem Boden des Hundelebens!
Auf zudringliche Beschwichtigungsgesten wie Schnauzenstoß oder Pföteln würde ein Alpha-Wolf mit Hochmut und Ignoranz reagieren. Wir Menschen dagegen lassen uns von unseren Hunden nur allzu gerne zum Schmusen animieren. Nun lässt sich gewiss nichts gegen die Liebe zum Hund einwenden, aber gerade Hundefreunde, die den Hund ständig mit Liebesbeweisen überschütten und ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, haben besonders oft Dominanzprobleme. Bedenken Sie: ein dominanter Hund wird oft von ihm ausgesuchte Rudel/Familienmitglieder "einladen", ihn zu putzen und zu pflegen (= streicheln), dann auch den anderen pflegen und putzen. Nie aber würde im Wolfs-/Hunderudel ein Rudelführer einem Unterlegenen gestatten, sich von sich aus zu nähern. Deshalb sollte es eigentlich Aufgabe des menschlichen Rudelführers sein, derartige Kontakte zu beginnen und zu beenden. Ausnahme ist die Rückkehr zum Familienrudel und die morgendliche Begrüßung, denn dann muss der Rangniedrige "um gut Wetter betteln". Der Rudelführer lässt das hoheitsvoll über sich ergehen und reagiert eher kühl und abweisend. Beobachten Sie Ihren Hund doch mal morgens beim Aufstehen: dominante Hunde sind Morgenmuffel. Sie wollen von ihrem "Herrn" begrüßt werden. - Wobei der Mensch den Hund wieder mit Beschwichtigungsgesten überschüttet und ihm so signalisiert "Alles in Ordnung - Du bist immer noch der Chef".
Wissen, wohin man gehört
Früher hat man Hunde, die nicht gehorchten, verprügelt. Heute ist dies zu Recht verpönt. Dafür macht man nun das Gegenteil - man erzieht sie überhaupt nicht mehr. Dem Hund werden nur halbherzig Grenzen gesetzt. Erziehung wird hier oft gleichgesetzt mit Entzug von Freiheit oder Nichtanerkennen der Bedürfnisse des Hundes - und das will man ihm natürlich nicht antun. Doch wir müssen keine Angst haben, dass unser Hund uns nicht mehr gern hat, wenn wir ihn korrigieren. Das Gegenteil wird der Fall sein. Ein Führer, der sich durchsetzen kann, einer, der wirklich führen kann, wird von seinem Hund über alles geliebt. Denn bei dem kann er sich sicher fühlen, zu ihm kann er Vertrauen haben. Ohne Respekt ist keine Liebe möglich! Und anders als in so mancher menschlichen Hierarchie ist der Rang bei Hunden nicht mit einer Wertung verbunden. Rangeinordnung ist für den Hund kein Abstieg auf der Karriereleiter, sondern ein Zugewinn an sozialer Sicherheit. Denn auf den "hinteren Plätzen" lässt es sich bequem Hund sein, dort ist man nicht für das Rudel verantwortlich, sondern lebt das relativ stressfreie Leben eines einfachen Mitläufers. Bei Unklarheiten im hierarchischen Familiensystem können dagegen Angstprobleme die Folge sein, denn ein Hund ist in unserer künstlichen Umwelt überfordert, wenn er die Rolle des Rudelführers übernehmen muss. - Hund kann er nicht sein und Mensch kann er nicht werden.
Der Hund - das unbekannte Wesen
- Missverständnisse -
Dominanz hat viele Gesichter. Es gibt bei so komplexen Verhaltensweisen wie der Sozialstruktur leider keine eindeutigen Statussymbole, an denen man die Rangordnung zwischen Hund und Mensch einfach ablesen könnte - so nach dem Motto: "Wer geht als Erster durch die Tür?". Vielleicht ist der Hund ja einfach nur aufgeregt und von seinem Besitzer nicht zum Warten erzogen worden. Und wenn der Hund Menschen bei der Begrüßung anspringt - ist das dann noch die hundsnormale Beschwichtigungsgeste eines gut eingeordneten Hundes oder bereits dominante Aufdringlichkeit? Wenn der "Zaunkönig" anschlägt - tut er das, um seinen Chef zu rufen oder bestimmt er schon, wer sein Territorium betreten darf und wer nicht? Und wenn der Hund sich neben uns auf dem Sofa räkelt - benutzt er das Sofa nur oder hat er es bereits besetzt? Auch wenn der Hund uns zum Spielen oder Schmusen aufordert, haben wir noch kein generelles Dominanzproblem - so lange er auf unsere Zurückweisung nicht mit Protest reagiert. Und ein Hund der ständig an der Leine zieht weil wir ihm zu langsam sind, ist nicht dominant, sondern einfach nur schlecht erzogen. Punkt! (Erziehungstipp "Locker an der Leine gehen") Auch Theorien, bei denen verlangt wird, dass der Hund immer hinter seinem Herrn gehen muss, sind völlig überzogen und finden im Wolfsrudel auch keine Entsprechung. Das Miteinander ist wichtig, nicht das Hintereinander! Noch krasser ist es, wenn auch das Harnmarkieren der Rüden nur noch unter Dominanzgesichtspunkten gesehen wird. Ein Hund muss das tun dürfen auch wenn er nicht wirklich "muss". Und kein Mensch muss seinen "Senf" dazugeben um seinen Status zu halten. Das sollte man als menschlicher "Alpha" ganz souverän dem überlassen, der es am besten kann. Wir sind ein Team, und in unserem Auftrag soll der Hund diese wichtige Aufgabe gewissenhaft erledigen ;-) Der Hund muss auch Hund sein dürfen und soll pinkeln, rennen, toben, springen, schnüffeln, buddeln und Neues entdecken. Und er muss hin und wieder auch einmal ungehorsam sein und die Präsenz des Menschen vergessen dürfen. Häufen sich die ranganmaßenden Verhaltensweisen jedoch, können sie durchaus einen Hinweis geben, dass die Rangbeziehung zwischen Hund und Mensch aus Hundesicht anders aussieht als der Mensch denkt.
Einzelne Dominanzgesten haben keinen Vorhersagewert! Es gibt zweierlei Arten von Dominanz. Die über lange Zeit stabile "formale Dominanz" zeigt sich in der Körperhaltung und dem allgemeinen Umgang miteinander, wobei die oben beschriebenen Eigenschaften des Rudelführers eine große Rolle spielen. Daneben gibt es aber auch noch eine momentane, aktuell ausgeübte Dominanz, die sich z.B. im Anspringen oder anderen einzelnen Dominanzgesten zeigt. In 90 % aller Situationen stimmen beide Dominanzarten überein, in den restlichen 10 % verzichtet der Ranghöhere lediglich vorübergehend auf "sein Recht". Über die Rangbeziehung zwischen zwei Individuen entscheidet also niemals eine einzelne Situation, sondern immer die Summe aller möglichen Sitautionen in einem bestimmten Zeitrahmen.
Das merkwürdige Verhalten hungriger Fellnasen zur Fressenszeit .
Auch wenn ein Hund gegenüber seinem Herrn einen besonders guten Knochen verteidigt, so zeugt das nicht gleich von fehlendem Respekt. Vielleicht hat er einfach nur nicht genug Vertrauen und fürchtet, dass man ihm das gute Stück wegnehmen könnte. Wenn im Wolfsrudel ein Tier eine Ressource für sich erschlossen hat und nutzt, lassen die anderen ihm seinen Besitz. Hat ein Wolf bereits etwas im Fang, gibt er das in der Regel nicht mehr her. Der Bereich direkt um die Schnauze ist tabu gegen Diebstahl.
A. Hallgren beschreibt dazu eine kleine Geschichte: "Ein junger, niederrangiger Wolf in einem Tierpark bewachte und verteidigte einen Fleischknochen vor allen anderen Wölfen im Gehege. Keiner, nicht einmal der Anführer, das älteste Männchen, versuchte, den Knochen zu nehmen. Alle zeigten Beschwichtigungssignale (!) wenn sie dem knurrenden Jungwolf zu nahe kamen."
Wir Menschen aber respektieren dieses "Hundegesetz" nicht, und begehen Mundraub. Dann kann der Hund schon mal aggessiv werden, um seinen Schatz zu verteidigen. Das ist ganz normales Hunde/Wolfsverhalten. In der Natur bestehen Alphatiere nicht zu jeder Zeit auf Kontrolle aller Ressourcen. Es gibt bei ihnen keinen Dominanzanspruch "aus Prinzip". Rangniedrige Tiere verteidigen ihre Beute auch gegen hochrangige Konkurrenten, die es dem Eigentümer dann oft überlassen. Niederrangige Tiere haben das Recht zum Protest. Ist ein ranghoher Wolf satt, warum soll er dann wegen eines "blöden" Knochens mit einem rangniedrigen Tier streiten?? Nur bei Futterknappheit würde er auf seinem Vorrecht bestehen. - Aber eine Menschenfamilie ist kein Wolfsrudel. Aus Sicherheitsgründen ist es im menschlichen Familienrudel (vor allem, wenn kleine Kinder dazu gehören) natürlich trotzdem sinnvoll, dem Hund beizubringen, dass er z.B. Kindern nichts stehlen darf und selbst alles abgeben muss. Das gehört zu einer guten Erziehung. - Doch für den Hund ist diese Forderung völlig unverständlich. (Vorbeugen ist besser als Heilen: wie man der Futteraggression bereits im Welpenalter vorbeugt). Das Stehlen von Leckerbissen ist übrigens eine reine Frage der Erziehung. Wie man einem Hund das Stehlen von Futter abgewöhnt, erfahren Sie auf meiner Seite über Hundeerziehung - Erziehung zum Nicht-tun.
Mein Napf gehört mir! - Wenn der Hund das Maul zu voll nimmt
Doch wie soll man reagieren, wenn der Hund bereits erste Futteraggression zeigt? Gerade der Hovawart hat einen starken Beute- und Verteidigungstrieb. Und dann kann es schon mal vorkommen, dass er seinen Futternapf verteidigt. Reden Sie keinesfalls beschwichtigend auf den Hund ein, denn das würde sein Verhalten noch verstärken. Unbedingt vermeiden sollte man in dieser Situation eine körperliche Drohhaltung, bei der man den Körper zum Hund beugt oder ihn fixiert, denn das könnte der Hund als Provokation auffassen, was seine Aggression verstärkt. Man sollte sich auch auf keinen Fall zu irgendwelchen Rangeleien und Machtproben hinreißen lassen, vielleicht um ein Exempel zu statuieren. Wer sich auf einen Kampf einlässt, verhält sich so, als wäre er im Rang gleich. Bei einem Kampf entscheidet sich lediglich, wer körperlich der Stärkere ist, aber nicht, wer der Überlegene ist. Außerdem zieht der Mensch bei einem Kampf meist den Kürzeren, denn höchstwahrscheinlich vermittelt er dabei eine zweideutige Botschaft: physische Kraft mit Angst im Bauch. Das führt genau zum gegenteiligen Effekt: der Hund fühlt sich stärker, greift an, gewinnt und verlässt die Prüfung mit einer verstärkten Überlegenheit - und der Mensch hat seine Autorität verloren. Bei diesem Ablauf führt der Hund die Regie und der "Futterknecht" spielt seine Rolle, den Wünschen des Hundes folgend, perfekt. Drehen Sie doch den Spieß um! Spielen Sie Ihr eigenes Spiel, indem Sie einfach nicht in den Konflikt einsteigen! Denken Sie an den Satz: "Der Klügere gibt nach." Am besten zeigen Sie sich erst einmal unbeeindruckt, quittieren das Bleib-bloß-weg-Spielchen Ihres Großmauls mit Verachtung und lassen sich nicht provozieren. Der Rudelführer steht so himmelhoch über dem Hund, dass er es gar nicht nötig hat, sich mit einem Untergebenen "wegen dem bisschen Futter" anzulegen. - Und schon haben Sie gewonnen!
Aus Sicht des Hundes handelt es sich hier keinesfalls um einen feigen Rückzug - diese Annahme wäre sicherlich eher menschlicher Natur. Für den Hund sieht es vielmehr so aus, als distanziere sich die Bezugsperson plötzlich und das löst beim Rudeltier tiefste Verunsicherung aus. Schliesslich beabsichtigt der vorlaute Hovawart nicht, in die Verbannung geschickt zu werden. Er wollte nur einmal zeigen dass er auftrumpfen kann.
Möglichst bald danach verlangt man dann vom Hund eine Gehorsamsübung, um seinen Respekt zu fordern. In der nächsten Zeit sollte man dem Hund vorbeugend keine Knochen, Ochsenziemer o.ä. mehr geben. Und dann steht natürlich je nach Problemlage ein "Aus"-Training oder etwas Ähnliches auf dem Programm. Statt einer großen Mahlzeit sollte man sein Futter auf mehrere kleine Portionen aufteilen. Der Fressplatz sollte verlegt und ein anderer Napf verwendet werden. Man sollte nirgendwo Fressbares liegen lassen, Reste sofort wegräumen und die Futtervorräte und Leckereien woanders lagern. Auch die oben gegebenen Rangordnungs-Tipps zum Thema Futter und Küche sollten strengstens beachtet werden. So kann man das Futter z. B. herrichten und es für den Hund gut riechbar aber doch unerreichbar auf einen Schrank stellen. Dann isst man selbst in Ruhe seine Mahlzeit und gibt dem Hund erst danach sein Fressen - natürlich erst nach Ausführen eines Befehls wie "Sitz", kurzer Verzögerung und ausdrücklicher Freigabe mit "Nimms". Dabei kann man dem Hund auch erst einmal einen leeren Futternapf hinstellen und den Hund zum Fressen auffordern. Wenn er seinen "Kellner" dann erstaunt ansieht, gibt man etwas Futter in seinen Napf. Das kann man mehrmals mit kleinen Portionen wiederholen. Nun möchte der Hund sogar, dass man sich seinem Napf nähert! Klappt das sehr gut, dann kann man den Hund auch mal mit einem besonders guten Leckerli kurz vom Fressen ablenken - aber nichts wegnehmen! Er schaut auf, bekommt das gute Leckerli und darf gleich weiter fressen.
Wenig sinnvoll ist es allerdings, einen Hund mit Futterkonkurrenz aus der Hand zu füttern, denn dann hat er weder Überblick über die Menge des Futters, das ihm zur Verfügung steht, noch kann er die Futtergabe in einer für ihn durchschaubaren Art und Weise beeinflussen. Das bedeutet, dass der Hund immer stärker unter Stress gerät und in aller Regel sein Futter auf Dauer noch heftiger verteidigen wird. Eine Belohnung aus der Hand für getane Arbeit ist dagegen etwas anderes, denn dann kann der Hund die Leckerchengabe durch Gehorsam selbst beeinflussen. Dabei sollten Hund und Hundeführer aber eine gute Beziehung zueinander haben, damit diese Form der Fütterung nicht zu einer Konkurrenzsituation wird, sondern den Kontakt unterstützt. Sie können dem Hund auch einen Rinderziemer anbieten. Setzen Sie sich dann ruhig hin und halten Sie den Ziemer an einem Ende fest und lassen den Hund am anderen Ende kauen. Das kann ruhig 10-15 Min. dauern. Und zum Schluss überlassen Sie dem Hund das letzte Stück.
Wenn der Hund sein Futter bereits "auf Teufel komm raus" verteidigt, sollte man schnellstens Rat bei einem fachkundigen Verhaltenstherapeuten suchen. Seien Sie nicht zu stolz, auch mal einen Hundetrainer zu konsultieren, der Sie und ihren Hund im Alltag beobachtet (Adressen finden Sie hier, hier und hier). Das kann Wunder wirken, weil manche Verhaltensweisen sich einfach wie selbstverständlich einschleichen, die Sie selbst schon gar nicht mehr registrieren. Wir sind oft blind für das, was uns unmittelbar umgibt. Ein Fachmann aber, der nicht zur Familie gehört, ist neutral, wird die problematischen Verhaltensweisen erkennen und versuchen, Abhilfe zu schaffen.
Die Rangordnungsdebatte
Denken wie "König" Hund
Rangordnungs- und Machtgerangel
haben im Hunderudel ihre eigenen Gesetze.
seitens des Emporkömmlings
und von Antworten der Machthaber.
Können wir überhaupt wissen, was in unseren Hunden vorgeht?? Sicher nicht. Dafür sind sie uns bei aller körperlichen Nähe doch zu fern. Gerade das Rangordnungs- oder Rudelverhalten ist sehr komplex und die Hunde sind sehr flexibel. Was wirklich in einem Hund vorgeht, davon haben wir keine Ahnung. Trotzdem sollten wir wenigstens versuchen, die Denkweise unseres Hundes zu verstehen. Genau wie wir "intelligenten" Menschen in unserer eigenen Denkweise gefangen sind und immer wieder dazu neigen, den Hund zu vermenschlichen, so verhundlicht der Hund uns Menschen - auch er kann nun mal nicht aus seiner Haut. Machen Sie sich bewusst, dass Ihr Hund nach eigenen Regeln lebt. Er folgt seinen angeborenen Instinkten und interpretiert unser Verhalten aus seiner Sicht. Als Hundebesitzer sollte und darf man nicht erwarten, dass er menschliche Umgangsformen lernt. Behandeln Sie ihn fair und versuchen Sie, sich in seine Welt zu begeben und "hündisch" zu denken.
Beobachten Sie Ihren Hovawart z.B. mal, wenn er sich Ihnen nähert und Sie begrüßt. Nähert er sich Ihnen mit stolzer Haltung, indem er seinen Kopf und seine Ohren hoch und gerade hält? Das kann beeindruckend wirken, bedeutet jedoch, dass er sich als "Alpha" fühlt. Dagegen wird ein Hund, der Menschen als überlegen betrachtet, sich Ihnen mit leicht geneigtem Kopf und zurückgelegten oder seitlich gehaltenen Ohren nähern. Er wird sich insgesamt kleiner machen, um seine Unterwürfigkeit zu zeigen. Beobachten Sie Ihren Hovawart auch, wie er verschiedene Familienmitglieder begrüßt. Wenn er dieses unterwürfige Verhalten nur bei einigen Familienmitgliedern zeigt, nicht aber bei allen, müssen jene ihr Verhalten ändern, um ihre Position in der Familienhierarchie zu verbessern.
Wie heißt es doch so schön: Wehret den Anfängen! Versuchen Sie, einen Blick dafür zu bekommen, ob und wie Ihr Hund Sie dominiert, damit Sie dem entgegenwirken können. Wer Macho- Gehabe bereits beim Junghund erkennt und in die richtigen Bahnen leitet, hat später einen angenehmen Hausgenossen, der voll Selbstbewusstsein mit seiner geliebten Familie durch dick und dünn geht.
Es gibt kein Patentrezept für die Rangeinordnung. Hunde sind sehr unterschiedlich veranlagt. Für viele Hunde hat ihre Stellung in der Familie keine große Bedeutung. Sie wollen einfach nur dabei sein und gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Manche dieser Hunde brauchen überhaupt keine ausdrückliche Einordnung. Nicht jeder Hund nutzt die ihm eingeräumten Privilegien aus. Und manchen Hunden sind einzelne Privilegien/Ressourcen nur zu bestimmten Zeiten oder nur in bestimmten Situationen wichtig. Aber es gibt auch sehr rangordnungsbewusste Hunde, die wie die Hovawarte zielgerichtet nach Dominanz streben und die Grenzen des Erlaubten ganz bewusst immer wieder austesten. Sie nehmen sich in biologischem Eigennutz das, was sie kriegen können. Da diesen Hunden deutlich klare Grenzen aufgezeigt werden müssen, brauchen sie generell eine strengere Einengung ihrer Aktivitäten. Und gibt man ihm dann seinen Rahmen, fühlt auch ein Hovawart sich pudelwohl. Jedes Mensch-Hund-Rudel muss seinen eigenen Weg finden.
Einzelne Dominanzgesten bedeuten noch keine Palastrevolution. Schwierig wird es erst, wenn der Hund häufiger als Forderer auftritt und auch versucht, sich durchzusetzen.
Sie können Ihrem Hund ruhig einzelne Privilegien einräumen, sogar das Bett muss nicht tabu sein. Aber testen Sie sicherheitshalber immer wieder die Rangverhältnisse in Ihrer persönlichen Mensch-Hund-WG, indem Sie Ihrem Hund ab und zu diese Privilegien entziehen. Akzeptiert er das ohne Murren, ist alles in bester Ordnung.
Bestehen Sie und Ihr Hund diesen Test - meine Gratulation . Zur Belohnung brauchen Sie nicht weiter zu lesen und können sich einem anderen Thema widmen. Lassen Sie Ihrem Hund seinen persönlichen Freiraum und nerven Sie ihn nicht mit irgendwelcher "Pseudodominanz".
Der unverstandene Hund
Die Anfangsstadien der schleichenden Machtübernahme des Hundes verlaufen meist so harmlos, dass den Besitzern nichts auffällt, oder sie das, was ihnen auffällt, als nicht weiter schlimm betrachten. Die meisten Hundebesitzer sind der festen Überzeugung, sie selbst seien der Chef ihres Mensch-Hund-Rudels. Als Beweis führen sie an, dass ihr Hund doch ganz lieb und verträglich sei. Was sie dabei übersehen, ist der Umstand, dass gut sozialisierte Hunde ihre Rangstellung mit möglichst wenig Aggression behaupten. Hunde haben ein umfangreiches Repertoire sehr differenzierter Ausdrucksweisen, die von Artgenossen sehr wohl verstanden werden. Leider beherrschen viele Hundebesitzer diese Kunst nicht und gehen ihrem Vierbeiner dadurch ins Netz. Ein Hunde-Napoleon, der seinen Halter nicht respektiert, kann ein ganz lieber Hund sein - solange der Halter nichts von ihm will, was dem Hund nicht passt. Doch dann kann es passieren, dass ein bis dahin lieber Hund seinen Menschen plötzlich die Zähne zeigt - und das eindeutig nicht zum Zähne putzen. Gefährlich wird er in Situationen, die in seinen Augen einen Rangordnungskonflikt darstellen - etwa, wenn sich ein Kind unwissentlich der Futterschüssel nähert, wenn er vom Sofa vertrieben werden soll oder wenn ein Fremder ins Haus kommt. Dabei kann schon das zwischen Hunden übliche, eigentlich harmlose "Abschnappen" Richtung Gesicht beim Menschen zu schweren Verletzungen führen - deshalb werden Kinder tragischerweise so oft dauerhaft entstellt.
Wenn der Hund sich gegen uns auflehnt und uns anknurrt, die Lefzen hochzieht, schnappt oder zwickt, dann passiert das nicht wirklich aus heiterem Himmel auf einmal so ganz plötzlich und völlig unerklärlich. Auch wenn der Hund die meiste Zeit liebenswert und fröhlich ist, so hat er vorher doch schon viele subtile Signale gegeben. Als lustige, häufig temperamentvolle Nervbolzen tanzen manche dominanten Hunde ihren Besitzern auf der Nase herum und bestimmen mit Charme, wo es im Familienrudel langgeht. Sie spielen die ihnen überlassene Rolle des entzückenden Terroristen richtig gern. Leider werden diese ersten Vorboten einer "Rangordnungsdebatte" oft nicht richtig interpretiert oder als alberne Marotten des Hundes belächelt und hingenommen. Doch spätestens jetzt ist Umdenken angesagt, denn der Mensch hat sich als Rudelführer bereits "den Rang ablaufen lassen". Meist benimmt der Hund sich einfach nur aufdringlich. Dabei zeigt er einige typische Verhaltensweisen, die uns Menschen völlig unverfänglich erscheinen, die für den Hund aber eine große Bedeutung haben. Langsam, Schritt für Schritt tastet er sich auf der Stufenleiter nach oben. Es werden Statussymbole gesammelt und ausgebaut, wie z.B. die Belagerung von Opas Lieblingssessel und den letzten Bissen vom Essen zu bekommen. Der Hund ist Opportunist. Er nimmt die Bequemlichkeiten (Privilegien), die wir ihm gestatten "dankbar" an - und nutzt sie/uns aus.
Man sollte seinen Hund mit wacheren Augen sehen und die Dinge, die er unternimmt, nicht nur durch eine rosarote Brille betrachten! Ein dominanter Hund ist eine Pest, hat aber meist auch äußerst charmante Seiten, die es ihm überhaupt erst ermöglichen, seine Menschen so um die Pfote zu wickeln. Entwickeln sie also einen gesunden Egoismus und lassen Sie sich nicht gefallen, dass Ihr Hund Sie schlechter behandelt als Sie ihn! Der Hund muss Vorrechte und "Privatsphäre" der Rudelführer respektieren.
"Mollenhauers kommen gleich zu Besuch.
Hole bitte mal zwei Gartenstühle rein."
Der dressierte Mensch
Auf die Frage: "Manipuliert Sie Ihr Hund?" werden die meisten Hundebesitzer sicher entschieden antworten: "Nein, natürlich nicht!". Doch oft trifft eher das Gegenteil zu. Hunde sind Meister im Manipulieren und besitzen unzählige Strategien, um ihre Ziele zu erreichen und ihre Menschen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dabei proben sie nicht unbedingt den Aufstand, sondern versuchen einfach nur, möglichst viel Komfort für sich selbst herauszuschlagen.
In vielen Alltagssituationen setzen Hunde ganz gezielt ihre Wünsche durch, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Will Ihr Hund z.B. nach draußen, geht er zur Tür und kratzt daran. Oder ihr Hund findet, dass es Zeit für sein Fressen wäre und kickt seinen leeren Napf durch die Küche, läuft winselnd vor der Küchentür auf und ab oder stößt Sie sanft mit der Schnauze an und sieht dabei soooo süß aus. Und Sie - voll des schlechten Gewissens ob des armen, hungrigen Tiers - springen auf und bereiten ihm sein Futter. Oder Ihr Wuffel möchte schmusen, legt sanft die Pfote oder seinen Kopf auf ihren Schoß und sieht dermaßen rührend aus, dass sie ihn umgehend streicheln. Etwas später fällt dem Hund ein, dass er gerne spielen würde, und er bringt Ihnen seinen Ball. Sofort springen sie darauf an, lassen alles stehen und liegen, um dem Hund seinen Ball zu werfen. Schließlich wissen Sie, wie wichtig es ist, sich mit Ihrem Hausgenossen zu beschäftigen. In allen Fällen ist das gleiche passiert: Der Hund hat agiert, Sie haben reagiert! Sie sind sofort auf seine Wünsche eingegangen.
Ihr Hund hat Sie also erfolgreich manipuliert und nicht nur für den Moment einen kleinen Sieg davongetragen. Er hat einen weiteren Schritt in Richtung "Wie erziehe ich meinen Menschen" gemacht. Dass diese Situation sich jeden Tag wiederholt, macht ihre große Bedeutung aus, denn der Hund macht entsprechend oft die Erfahrung, dass er es ist, der den Ton angibt. Und das kann sich enorm auf die Gehorsamsbereitschaft Ihres Hundes auswirken.
Der Schlüssel zur Rudelführerschaft ist das Einleiten von Aktivitäten. Daher müssen wir unsere Aufmerksamkeit vor allem auf Verhaltensweisen richten, in denen der Hund als Initiator von Forderungen auftritt. Wir müssen wieder lernen, hundelogisch zu denken und auch zu handeln. Dominante Hunde scheinen zu sagen: "Wo ich bin, spielt die Musik - und dirigieren tu' ich auch ganz gern!"
Der Alpha-Hund "diktiert" die Regeln. Er bettelt nicht, sondern fordert.
Sein "Herr" gehorcht. Er reagiert nur noch auf die dominanten Verhaltensweisen seines Hundes:
Erste Alarmzeichen einer sich anbahnenden Rangordnungsdebatte - die Privilegien
Die folgende Aufstellung sollte man nicht zu dogmatisch sehen. Diese Verhaltensweisen können Anzeichen für Dominanz sein, müssen aber nicht! Wie diese Anzeichen beim einzelnen Hund zu bewerten sind, muss jeder Hundebesitzer selbst entscheiden.
Das Vorrecht, die Initiative zu ergreifen - (Be-)Achtung forderndes, aufdringliches Verhalten
- Der Hund steht generell im Zentrum der Aufmerksamkeit, er ist derjenige, der entscheidet, wo's langgeht
- er fordert von seinem "Portier" sofortiges Hinauslassen, indem er an Türen bellt oder kratzt;
- er fordert Futter pünktlich auf die Minute oder außerhalb der Fütterungszeiten und nervt so lange, bis er es bekommt;
- er kommt zu ihm genehmen Zeiten mit Spielzeug und ist seinem "Alleinunterhalter" so lange lästig, bis er mit ihm spielt;
- er drängt anderen seine Art des Spiels auf, bestimmt Typ und Dauer des Spiels;
- er zeigt aufmerksamkeitsheischendes Verhalten, wenn der Besitzer telefoniert oder sich mit Besuch unterhält;
- er nimmt Besucher lautstark in Empfang, "prüft" sie, ist kaum zu beruhigen, springt den Gast an und verlangt Zuwendung;
- er fordert durch Schnauzenstubser, Pföteln oder Winseln zum Streicheln auf und geht, wenn er genug hat;
- er legt sich auf den Rücken, um Streicheln zu fordern, spannt sich an und knurrt, um den Kontakt zu beenden.
Respektloses Verhalten - direkte Provokationen - herausfordernde Demonstration der Dominanz
- Der Hund drängelt, lehnt sich an seinen Menschen an, drängt ihn nach und nach zur Seite bis er seinen Platz einnehmen kann;
- er legt im Fall eines Konflikts Kopf oder Pfoten auf Rücken, Schulter, Knie oder Brustkorb des Menschen;
- er springt an Menschen hoch und stellt durch Auflegen der Pfoten seinen Rang klar (kein Beschwichtigungsverhalten mehr);
- er versucht, auf Menschen aufzureiten (Gegenmittel: im Schulterbereich herunterdrücken und in anderes Zimmer schicken);
- er ist beim Spiel grob und hemmungslos, zeigt mangelnden Respekt durch Anstarren, Drüberstehen oder Aufreiten;
- er ignoriert seine Menschen beim morgendlichen Aufstehen oder wenn diese nach Hause kommen, lässt sich begrüßen.
Die Kontrolle sozialer Verbindungen, "Eifersucht"
- Der Hund versucht die sozialen Kontakte anderer Gruppenmitglieder zu unterbrechen oder zu verhindern;
- er kontrolliert den Ausdruck von Sexualität in der Gruppe (Hund oder Mensch), versucht sie zu verhindern;
- der Rüde hält sich näher bei der Frau auf als der Ehemann, die Hündin hält sich näher beim Mann auf als die Ehefrau.
Die Kontrolle der sozialen Distanz und des Raumes, Bewegungseinschränkung, passive Dominanz
- Der Hund hindert andere (Menschen oder Hunde) am Eintreten oder Verlassen der Gruppe oder des Zimmers;
- er "hütet" auf Spaziergängen seine Menschen, obwohl er keiner Hütehund-Rasse angehört;
- er liegt auf den Füßen des Menschen; so kann er "seinen" Menschen kontrollieren und trotzdem ruhig schlafen (Kommentar);
- er liegt an strategisch wichtigen Plätzen: Hauseingang, Treppe, Balkon, Terasse, überwacht die Bewegungen der anderen;
- er liegt in engen Gängen, schränkt die Bewegungsfreiheit des Menschen durch Querstellen oder -liegen deutlich ein;
- er drängelt sich an Türen, Toren, Fluren, Treppen und sonstigen Engpässen vor.
Die Kontrolle der sozialen Distanz und des Raumes, übertriebene Anhänglichkeit
- Der Hund begleitet "seinen" Menschen auf Schritt und Tritt;
- er heult und bellt, wenn der Besitzer sich entfernt
Das Deponieren sozialer Ausscheidungen, Protestverhalten, Trotz
- Der Hund deponiert Kot an gut sichtbarer Stelle, wenn der Besitzer weggeht ohne den Hund um Erlaubnis zu fragen;
- er ist unsauber/markiert am Bein des Menschen oder im Haus, wenn er unzufrieden ist (z.B. Fress-, Liegeplatz: "Alles meins!").
Das Privileg, etwas zu besitzen - "Kronjuwelen" als Beweis der Macht und Ranghöhe
- Der Hund meldet Besitzansprüche an: Futternapf, Küche, Abfalleimer, Spielzeug oder an Jacken mit Leckerlis;
- er knurrt, verteidigt sein Spielzeug, Kauknochen oder ähnlichen "Besitz" um seinen hohen Rang zu demonstrieren;
- er lässt Gegenstände nicht aus, reagiert zögerlich auf Kommandos wie "Aus" oder "Pfui";
- er hortet und verteidigt "Trophäen", die er in der Wohnung "gefunden" hat und die der Mensch wiederhaben möchte;
- er trägt seinen "Besitz" in stolzer Haltung demonstrativ vor den Augen seiner Besitzer herum (Schaulaufen);
- er verteidigt seinen "Thron": seinen Platz neben Frauchen oder auf dessen Schoß/Arm, Liegedecke, Sessel, Bett, Auto;
- er wird an der Leine zur Furie, bellt und tobt, um Konkurrenten von "seinem" Menschen fern zu halten.
Das Recht zum Ungehorsam
- Der Hund ist unaufmerksam, gehorcht nur zögernd, erst nach mehrmaliger Aufforderung oder nur, wenn er bestochen wird;
- er kommt nicht, wenn er gerufen wird, denn es ist nicht die Aufgabe eines Rangniederen, das Rudel zusammen zu halten.
Ergebnis: Der Hund glaubt, er sei ranghoch, weil er das bekommt, was er gefordert hat.
Dieser "Stellungskampf" ist völlig gewaltfrei. Der Hund zeigt in keiner Situation Aggressionen gegenüber seinem Besitzer, allenfalls Drohverhalten. Mehr braucht der Hund ja auch nicht zu tun, denn sein "Herr" verhält sich auch so wunschgemäß. Aber die z.T. "liebenswerten Macken" sind bereits der Anfang einer Karriere als Problemhund. Irgendwann bleibt es nicht mehr bei diesen Frechheiten. Dieses Dominanzverhalten ist oft die Vorstufe zu sichtbar aggressivem Verhalten, denn wenn der Hund den Verlust einer Ressource befürchtet, die ihm wichtig ist, wird er zu stärkeren Mitteln greifen, um sie zu bewahren. Ein "aufstrebender" Hund wird sich bei passender Gelegenheit nach oben beißen und versuchen, seinen Machtbereich immer weiter auszudehnen. Das ist ganz wie im richtigen Managerleben. Und damit fängt er meist bei denen an, die in der innerbetrieblichen Rangordnung ganz unten stehen, den Kindern. Ehe Sie sich versehen erobert sich der Hund immer mehr Nischen und setzt seinen Menschen Verbote. Diese spricht er zunächst nur durch Knurren, dann durch Schnappen und schließlich durch Beißen aus. Die Besitzer sind vom ersten offensichtlich aggressiven Anzeichen ihres Hundes so überrascht, dass sie, teils aus Überrumpelung, teils aus Angst, instinktiv zurückweichen, womit der Hund für sich positiv gepunktet hat: Sein Verhalten war erfolgreich, also wird er es wieder probieren. Irgendwann, spätestens im Alter von etwa 4 Jahren, drehen diese völlig verzogenen dominanten Hunde, meist Rüden, dann ganz und gar durch und wagen den Umsturz. Dominante Hunde sind vor allem gegenüber Familienmitgliedern aggressiv. Rund 70% der Beissunfälle passieren im häuslichen Umfeld, oft sind Kinder die Opfer und oft ist eine instabile Rangordnung die Ursache!
Wie soll man reagieren, wenn der Hund Dominanzgesten zeigt?
lehren Sie Ihren Hund, geduldiger und höflicher zu werden!
Holen Sie Ihren Hund von seinem hohen Ross!
Schweigen ist Gold
Oder man schlägt den dominanten Hund mit seinen eigenen Waffen und reagiert auf das schlechte Benehmen des Hundes, indem man ihm genau das entzieht, was er mit seinem Verhalten oft erreichen will: die Aufmerksamkeit seines Menschen. Bei dieser "stillen Dominanzausübung" wird der Hund für kurze Zeit völlig ignoriert (nicht ansprechen, nicht anfassen, nicht anschauen, evtl. Kopf oder Körper wegdrehen oder sogar weggehen). Lassen Sie den Hund einfach ins Leere laufen und tun Sie so, als sei der Hund gar nicht da. Anspringen kann man z.B. ignorieren, indem man sich durch eine Körperdrehung einfach vom Hund abwendet und ihm die "kalte Schulter" zeigt. Hat er sich beruhigt, kann man auf die Wünsche des Hundes eingehen indem man nun selbst eine Interaktion startet: Man fordert die Ausführung eines Befehls und erst wenn der Hund so seinen Respekt bekundet hat, gibt man dem Hund was er wünscht. So kann man z.B. ein "Sitz" verlangen und seinen Gehorsam mit Streicheln belohnen oder anschließend mit ihm spielen. Auf diese Weise erfährt er die Beachtung, nach der er so sehr trachtet. Auch auf anderes Fehlverhalten des Hundes kann man manchmal mit demonstrativem Ignorieren oder mit einem kurzen (ca. 3 Minuten) "Platzverweis" reagieren und ihn in ein anderes Zimmer sperren. Bleiben Sie dabei cool, schimpfen Sie nicht, zerren Sie nicht an seinem Halsband. Sobald er das erwünschte Verhalten zeigt, muss er belohnt werden.
So macht man sich für den Hund zum "Nabel der Welt". Agieren und sich Ignoranz leisten zu können drückt eine Vormachtstellung aus, bekräftigt und unterstreicht die Dominanz des Menschen - ganz nach dem Vorbild des Wolfsrudels, in dem die Alphatiere eine Gelassenheit ausstrahlen, die schon fast an abweisenden Gleichmut grenzt.
Ich muss hier allerdings sehr zur Vorsicht raten. Ein unsicher Hund wird sicher sehr erleichtert reagieren wenn er feststellt, dass ein menschliches Familienmitglied sich die Mühe macht, ein guter Rudelführer zu werden. Bei einem selbstbewussten Hund kann es dagegen sehr riskant sein, die Sozialstruktur schlagartig zu ändern. Er kann dann mit Aggression reagieren, um die ursprünglichen Verhältnisse wieder herzustellen. Ich kann Ihnen nur immer wieder empfehlen, einen Fachmann zu konsultieren! (Adressen finden Sie hier, hier und hier)
Wie kann man den Hund wieder auf eine untergeordnete Position zurückstufen?
Rücken Sie sein Weltbild zurecht!
Und noch etwas: Spielen Sie mit einem aufstrebenden Hund keine Spiele, bei denen er eine starke Position einnehmen kann: also keine Rauf- oder Ziehspiele sowie Nachlaufspiele. Empfehlenswert sind dagegen alle Spiele, die eine Gehorsamskomponente beinhalten wie z.B. Apport- und Suchspiele.
Selektive Dominanzaggression - wenn der Hund versucht, ein einzelnes Familienmitglied einzuschüchtern
Obwohl ein dominanter Hund in aller Regel ein freundlicher Hund mit viel Selbstvertrauen ist, wird der dominant-aggressive Hund zu einer schweren Belastung. Solche Hunde sind übermäßig selbstbewusst und benehmen sich wie Tyrannen. Ihr Ziel ist es, in jeder Lebenslage der Alpha zu sein, insbesondere innerhalb ihrer eigenen Familie. Um dies zu beweisen und sich durchzusetzen, pflegen sie in der Regel zu bellen, zu knurren, die Zähne zu fletschen, zu schnappen oder auch zu beißen. Zuweilen versucht der dominant-aggressive Hund, nur einige Familienmitglieder einzuschüchtern, nicht alle. Bei solchen Hunden haben in der Regel nur ein oder zwei Familienmitglieder echte Kontrolle über den Hund. Der dominant-aggressive Hund wird immer versuchen, das am wenigsten selbstbewusste Familienmitglied herauszufordern.
Ist das Dominanzverhalten des Hundes in der Familie selektiv geprägt, sollte das dominante Familienmitglied den Gernegross einige Zeit völlig ignorieren. Sämtliche Belohnungen, einschließlich Nahrung, Spaziergänge und soziale Interaktionen werden nur noch von demjenigen vergeben, den der Hund zuvor als rangniedriger angesehen hat. Dieser muss alle Ressourcen verwalten, die dem Hund wichtig sind. Alles Gute erhält er in der nächsten Zeit nur noch durch ihn (siehe auch meine allg. Erziehungstipps). Der Hund soll damit lernen, dass er auch ihm gegenüber gehorchen und unterwürfig sein muss, um diese Dinge zu bekommen. Er muss z.B. lernen, dass auch der Erhalt von Futter nichts Selbstverständliches ist.
Und auch hier gilt natürlich, dass man schnellstens Rat bei einem fachkundigen Verhaltenstherapeuten suchen sollte. Pauschale Diagnosen wie "Dominanz" sind sehr verführerisch. Aggression kann kompetitiv begründet sein, muss aber nicht. Es gibt viele Ursachen für hundliche Aggression. - Ein Grund mehr, bei Problemen einen Verhaltenstherapeuten aufzusuchen (Adressen finden Sie hier, hier und hier). Diese Tipps können und sollen Ihnen den Weg zum Fachmann nicht ersparen, denn sie sind zu allgemein, um Ihre ganz besondere Beziehung zu Ihrem Hund wieder ins Lot zu bringen.
Rangeinordnung mit Augenmaß!
um eine Fliege aus dem Gesicht
eines Freundes zu verscheuchen.
Nun sollte man aber auch nicht übertreiben. Die obige Liste mit den Privilegien zeigt Verhaltensweisen des Hundes, die auf Dominanz hinweisen können, was aber nicht in jedem Fall notwendigerweise zutreffen muss. Über die Rangbeziehung entscheidet niemals eine einzelne Situation, sondern immer die Gesamtheit vieler Situationen. Wenn sich der Hund auf die Füße des Menschen legt oder den Kopf auf den Schoß des Menschen legt, so kann das im Einzelfall wirklich eine Dominanzgeste des Hundes sein, häufig ist das Verhalten jedoch lediglich Kontaktliegen des Hundes als Ausdruck eines Zusammengehörigkeitsgefühls. Und ein Hund der gerne auf dem Sofa liegt, sucht vielleicht einfach nur ein bequemes Plätzchen. Da braucht es schon etwas Augenmaß von seiten des Hundehalters. Es gibt viele Hunde, denen die Rangordnung einfach "schnurz" ist. Dem Hovawart dagegen ist das Streben nach Dominanz in die Wiege gelegt. Bei ihm sollte man diese Dominanzgesten immer im Auge behalten.
Das Leben mit einem Hund in Hierarchie ist eine ständige Gratwanderung zwischen der notwendigen Einengung des Hundes einerseits und dem vertrauensvollen Sich-Entfalten-Lassen andererseits, zwischen Autorität und Toleranz, zwischen Dominanz und Nachgiebigkeit. Wie genau Sie sich an die obigen Regeln halten müssen hängt ganz einfach davon ab, wie dominant Ihr Hovawart sich derzeit fühlt - je dominanter er sich gebärdet desto mehr müssen Sie Ihre Chefrechte einfordern. Solange die führende Rolle des Menschen jedoch unumstritten ist, kann man durchaus auch gegen die obigen Regeln verstoßen ohne gleich die Ranghoheit zu verlieren. Bei der Erziehung und Ausbildung ist Konsequenz gefordert, aber im sozialen Miteinander kann man die Zügel auch mal locker lassen. Auch im Wolfsrudel verkommt die Demonstration von Dominanz nicht zum Selbstzweck. Dominanz ist das Privileg, sein Interesse jederzeit durchsetzen zu können - wenn man will, aber man muss sich nicht durchsetzen.
In meiner persönlichen Mensch-Hund-WG erlaube ich meinem Hundefreund z.B. durchaus, sich abends neben mich auf die Couch zu legen und gehe dann auch auf seine Spiel- oder Schmuseaufforderungen gerne ein. Ich genieße diese innigen Momente, in denen er mir seine Zuneigung zeigt, ganz besonders. Und ab und zu darf er mich auch schon mal im Bett besuchen. Aber ich achte auch darauf, dass mein "Schmusewart" auf mein Verlangen sofort und ohne jeden Widerspruch bereit ist, auf diese Privilegien zu verzichten. Er darf keinen Anspruch darauf anmelden. Anfangs versuchte Argus z.B. mal, sich "einfach so" auf meinen Platz zu legen. Da genügte ein scharfer Blick und er räumte meinen "Chefsessel" sofort. Seitdem hat er es nie wieder versucht. Solange das Mensch-Hund-Verhältnis harmonisch ist, sind einzelne Privilegien kein Problem. Hunde sind von uns abhängig. Es gibt genug andere Möglichkeiten, im Rahmen der Erziehung die Rangordnung zu festigen (Ressourcenverwaltung).
Ist die Rangordnung klar, kann eine Mittagspause auch so aussehen:
Luzie, unsere schwarz-weiße Chefkatze thront auf dem Herrchen, während Argus es sich neben den beiden AUF dem Sofa bequem gemacht hat.
Ist es wirklich so schlimm, wenn ein (gut eingeordneter) Hund den Kopf oder die Pfoten auf den Schoß seines Halters legt? Will er uns wirklich kontrollieren, wenn er auf unseren Füßen liegt? Ist es nicht gerade dieses Verhalten, das wir an unseren Haustieren so lieben?? Die einzigen wirklich "dominanten" Tiere in unserem Haushalt sind die Katzen. Ich möchte dazu mal einen Text von Charlotte Link wiedergeben (ich hoffe, die Hundemenschen verzeihen mir):
"Wenn Katzen ein Haus bewohnen, dann ganz und gar. Ihre Fähigkeit, alles, was sie begehren, als ihnen gebührend zu betrachten, ist schier grenzenlos. Sie tun das mit solch einer Überzeugungskraft, dass sich menschliche Abwehr rasch in sprachlose Unterordnung wandelt. Es gibt zwar keinen Grund . dass ich bewegungslos in meinem Bett liege, weil eine Katze mitten auf meinem Bauch schläft, was sehr warm ist, sehr schwer und sehr unbequem. Ein Katzenfreund weiß aber, dass er für das Hinwegsetzen über kätzlichen Willen einen vernichtenden Blick aus schmalen Augen erntet. Darin liegt grenzenloses Erstaunen, Verletztheit und schweigende Verurteilung, die nur durch unzählige Entschuldigungen gutgemacht werden können. Kein Tier vermag so sichtbar beleidigt zu sein wie eine Katze."
- Wen dieses Verhalten unserer Haustiere stört, der muss es ja nicht zulassen. Tiere sind eben nur "dominant", wenn wir uns dominieren lassen.
Keine Navigationsleiste am linken Bildschirmrand?
Sorry, hier gehts weiter: Navigation
Eigentlich wollte ich nur ein einfaches Fotoalbum ins Netz stellen. Doch mit der Zeit ist aus dem einfachen Fotoalbum eine umfangreiche Homepage geworden, die zum Stöbern einladen soll.
Dort finden Sie unter anderem noch folgende Themen
- Fährtenarbeit: Immer der Nase nach - Spurensuche mit dem Hovawart, Ausbildung zum Fährtenhund als artger. Beschäftigung
Copyright
grundsätzlich sind Fotos und Texte nach internationalem Urheberrecht geschützt. Sie dürfen nicht ohne Genehmigung weiterverwendet werden - egal in welcher Form. Eine Verwertung ohne Erlaubnis der Urheberin (z.B. als pdf) ist immer rechtswidrig . Das gilt auch für das Internet!
Ich habe in diese Homepage viel Zeit und Arbeit investiert und bitte daher um Verständnis für diesen Hinweis. Bitte seien Sie fair. Wem meine Homepage gefällt, der kann gerne einen Link zu meiner Startseite legen. Eine Verlinkung ist eine nette Art, "Danke" zu sagen. Darüber freue ich mich immer sehr.
Wer will, kann dazu das folgende Banner verwenden:
Bitte einfach den Banner kopieren und einfügen.
Wer lieber einen einfachen Textlink verwenden möchte, verlinke sich bitte mit meiner Startseite:
Keine Navigationsleiste am linken Bildschirmrand?
Ihre Hundeschule für den Raum Hamburg
Schenefeld - Halstenbek - Rellingen - Pinneberg & Tangstedt
- Sie befinden sich hier:
- Erziehung
- Dominanz
Dominanz - Hundeschule rund um Hamburg
Dominanz oder positive Bestärkung - ein Widerspruch?
Dominanz wird gleichbedeutend mit Gewalt und Unterdrückung gesetzt und positive Bestärkung scheint das Mittel der Wahl zu sein.
Es drängen Bücher auf den deutschen Markt die einen Wissensstand widerspiegeln der vor einigen Jahren als revolutionär galt – im Grunde jedoch veraltet ist - und erst jetzt ins Bewusstsein der deutschen Leser gelangt. Sie beinhalten Untersuchungen verschiedener Kynologen - gemacht in amerikanischen Naturschutzgebieten. Im Wesentlichen sagen diese Untersuchungen aus, das natürliche Leben eines Wolfsrudels finde in einer Eltern / Kind – Familie statt in der es eine gewachsene Rangordnung gäbe. Automatisch wären immer die Eltern über die Welpen dominant.
Diese so genannte natürliche Dominanz würde nicht in Frage gestellt bis die Welpen zum Gründen eines eigenen Familienrudels abwandern würden um selbst über Ihre eigenen Welpen dominant zu werden. Das ist vermutlich richtig. Man vergisst dabei aber das es sich um in Expansion begriffene Bestände handelt.
Sind aufgrund einer großen Bestanddichte, starken Bejagungsdruckes oder sonstiger unmöglichen Abwanderungsmöglichkeit die Tiere gezwungen in großen Rudeln zu leben (wie es für Wölfe ja ursprünglich normal ist) treten strenge hierarchische Strukturen auf, jeder kann dies am Wolfsgehege oder im eigenem Hunderudel feststellen.
Was immer beim begeisterten Lesen dieser „ revolutionären " Arbeiten übersehen wird ist Folgendes:
Diese Wölfe verlassen Ihr Rudel mit Erlangung der körperlichen Reife, jedoch weit vor Erlangung der sozialen Reife. Sind also überhaupt Wölfe als Beispiel heranzuziehen dann am ehesten Gehegewölfe welche – genau wie Familienhunde – nicht aus ihrem Rudel so einfach abwandern können. Das bestätigen ebenfalls die Untersuchungen am Kieler Institut für Haustierkunde, den Jackson Laboratorien und diverse andere Untersuchungen von Gehegewölfen und Hunderudeln. In allen Fällen gab es strenge Hierarchien bis hin zur Tötung von Tieren oder deren Welpen wenn ein Verstoß gegen das Rangsystem vorlag. Eine Rangfolge ist friedenssichernd und überlebenswichtig für alle sozialen Tiere. Es werden hier also Sachen verglichen die sich nicht vergleichen lassen. Zu schön die Vorstellung einer Hundewelt wie Disney sie uns suggeriert mit Hunden die eine Menge Verständnis für Ihre Besitzer mitbringen – entbindet uns dies doch schließlich davon Verständnis für unsere Hunde aufbringen zu müssen.
Jetzt lässt dies zwei verschiedene Handlungsmöglichkeiten zu. Zum einen ein Dominanzmodell welches im Grunde seit Anfang des 19. Jahrhunderts besteht und in dessen Namen hunderte von Hunden gequält und gebrochen wurden. Viele Hunde wurden erst dadurch aggressiv und mussten dies mit dem Leben bezahlen. Zum anderen ein Antiautoritätsprinzip welches in der Praxis bereits in den 70´er Jahren völlig scheiterte und ebenso vielen Hunden das Leben kostete.
Was ist aber die Lösung? In welche Richtung sollten wir gehen? Was ist hundgerecht? Es ist klar das Hunde Sozialstrukturen brauchen , eine Rangordnung, einen der die Regeln aufstellt. In der Natur derjenige der die Jagd eröffnet, im Haushalt derjenige welcher dem Hund unsere Regeln vermittelt und sie im Idealfall auch durchsetzt.
So hart es klingt – wir wünschen von unserem Hund ein Verhalten welches in keinster Weise natürlich ist – also müssen wir es ihm vermitteln. Natürlich wäre es beispielsweise für jeden Hund Nachbars Katze zu erlegen, Kindern auf Fahrrädern hinterher zu jagen oder einfach ins Wohnzimmer zu machen.
Was machen wir aber in solchen Fällen?
Welche Möglichkeiten haben wir? Dominanz oder Gewalt? Positiv bestärken? Was tun wir wenn es um Aggressivität geht? Wenn ein Hund erst beißt sind wir mit positiver Bestärkung und Ignoranz schnell am Ende – wir werden keinen Erfolg haben. Warum beißt überhaupt ein Hund? Es gibt unzählige Theorien zu diesem Thema. Die einen sprechen grundsätzlich von Dominanz welches meiner Meinung nach Unsinn ist, andere von Trieben, weitere haben auslöserbezogene Theorien.
Die Anhänger der reinen Dominanztheorie setzen in solchen Fällen auf Unterordnungsbefehle und ständigen Blickkontakt, die anderen suchen nach den Ursachen. Einem Jogger jagende Hund wird beispielsweise die Möglichkeit gegeben anderseits seinen Jagdinstinkt abzugewöhnen während man synchron versucht in den Problembereichen eine Umkonditionierung zu schaffen. Erfolg haben ohne Zweifel beide und auf beiden Seiten gibt es glückliche Hunde und Besitzer wie auch Totalversager. Es gibt keinen goldenen Weg!
Was ist richtig?
Die Puristen der Dominanztheorie fragen sich ob es einen Unterschied mache ob der Hund aus dem einem oder anderem Grund zubeißt, die einzig relevante Frage sei die Unterscheidung zwischen erwünschtem und unerwünschtem Verhalten. Die Ursachenforscher meinen es sei sehr wohl von Interesse da ein Hund nicht immer und auf allen Gebieten aggressiv ist.
Andererseits ist es nachgewiesen, dass ein Hund der auf einem Gebiet lernte mit aggressivem Verhalten sein Ziel zu erreichen dies auch auf andere Gebiete ausweitet. Führt gewohnte Handlung wie Flucht (Beispiel Angstbeißer) nicht zum gewünschtem Erfolg (Abstand zum angsteinflößendem Objekt zu gewinnen) so wird der betreffende Hund hektisch versuchen Ersatzhandlungen auszuprobieren.
Schnell wird da eine Aggression gewählt. Das fatale an der Situation ist jedoch, dass wenn dies nach einer Weile auch nicht mehr den gewünschten Erfolg zeigt sofort zu noch offensiverem Verhalten gegriffen wird. Dies führt dazu, dass nach einer einzigen schlechten Erfahrung mit einem anderem Hund, nach wenigen vergeblichen Drohgesten bald jeder Hund offensiv Angegriffen werden kann. Hat der Hund jedoch auf einem Gebiet positive Erfahrungen mit aggressivem Verhalten gemacht so wird er es auch bald auf anderen Gebieten bevorzugt einsetzen.
Was bedeutet das für uns?
Haben damit die Dominanzpuristen recht? Kommt es nur drauf an ob ein Verhalten erwünscht oder unerwünscht ist? Rücken so nicht die Ursachen in den Hintergrund? Oder macht es Sinn zunächst im Hauptproblemgebiet Alternativlösungen durch Gegenkonditionierung und erhöhte Stressresistenz zu verringern um dann gezielt andere Probleme anzugehen?
Der Hundebuchautor Brian Kilcommons beschrieb die Lage einmal wie folgt: „Das Einzige, worauf sich zwei Hundetrainer einigen können, ist, dass ein dritter Unrecht hat." Und damit hat er recht! Niemand hat den absolut richtigen Lösungsweg und wie immer haben Extremisten absolut Unrecht da sie blind für eine objektive Beurteilung sind. Die Dominanztheorie wird heute aufgrund der hier neu auf den Markt drängenden Antidominaztheorien oft als sehr negativ angesehen.
Eine der Autorinnen die diese Strömung mit als erste ins Bewusstsein der Leser brachten war Jean Donaldson in Ihrem Buch „Hunde sind anders". Sie hat in vielem Recht was sie schrieb vor allem Ihre Annahme Hunde seien Opportunisten die immer auf ihren eigenen Vorteil aus wären ist einer der wichtigsten Lehrsätze die sich jeder hinter die Ohren schreiben sollte. In anderen Punkten haben Ihre Theorien jedoch eine zwar auf den ersten Blick recht einleuchtende aber leider erstaunlich vordergründige Logik die eine ernsthafte Beschäftigung mit der Thematik Dominanz vermissen lässt.
Es klingt bestechend logisch wenn sie 1996 schreibt: „Mein Lieblingsmythos ist das Ding mit dem Zuerst-durch-die-Türe-Gehen. Welcher Wirrkopf hat die Vorstellung aufgebracht es bedeute Dominanz oder er übte eine solche aus, wenn er vor dem Besitzer durch die Eingangstür stürzt? Wenn Hunde durch Türen stürzen, versuchen sie die Distanz zwischen sich und dem was draußen ist, so schnell wie möglich zu überwinden, weil sie aufgeregt sind, weil sie niemals von einem Grund gehört haben, warum sie dies nicht tun sollten. Wann immer ein Hund etwas tut, sollte man erst einmal folgende Gründe ausschließen, anstatt sich von einer so dummen Theorie wie der Rudeltheorie überwältigen zu lassen: weil sein Verhalten durch irgendetwas in der Umgebung bestärkt wird oder weil vorher noch niemand auf die Idee gekommen ist, es anders zu verlangen."
Nun heute spricht kein Kynologe der Welt noch ernsthaft von diesen damaligen Thesen. So logisch sie klingen so unüberlegt sind sie. Dennoch waren sie wichtig zu jener Zeit. Mahnten sie uns doch diffiziler nachzuforschen warum ein Hund so handelt wie er handelt. Es ist naiv von Ihr zu meinen ein Besitzer den dieses Verhalten stört würde niemals auf die Idee gekommen sein dies zu unterbinden.
Was ist aber wenn der Hund dann dennoch nicht hört? Ist es dann immer noch einzig und alleine Neugier oder der Wunsch die Distanz zu verringern? Liegt nicht ein wenig Missachtung des Kommandos dahinter? Klar ist dieses Hundeverhalten normal und natürlich aber wir erinnern uns an den Text weiter oben in dem ich aufzeigte, dass im Familienbetrieb völlig natürliches Hundeverhalten nur seltenst erwünscht ist. Immer gibt es Regeln, Hierarchien und damit auch Dominanz um diese durch zusetzten – dies bestreitet die Autorin auch nicht.
Ist denn alles in jenem Beispiel mit Dominanz zu erklären?
Natürlich nicht!! Neben ihrem Beispiel gibt es viele andere Gründe die ein derartiges Verhalten fördern. Als erstes wäre hier zu nennen, dass viele Besitzer durchaus einen wachsamen Hund wollen, nur dem Hund nie die Grenzen aufzeigten bzw. sich derer selbst nicht bewusst sind. Weiter wird jenes Verhalten automatisch positiv bestärkt – Beispiel Briefträger: Er dringt in das Revier ein, der Junghund knurrt, der Briefträger verschwindet weil die Post eingeworfen wurde. Der Hund verknüpft dieses Verschwinden jedoch nicht mit der Post sondern mit seinem Knurren. Das nächste Mal wird er stärkere Drohgesten wählen und auch damit scheinbar Erfolg haben bis sich das Verhalten bei jedem Neuling verselbstständigt.
Was hat das nun mit der Tür zu tun?
Natürlich hat die Autorin recht wenn sie beschreibt man könne Dominanzverhalten damit nicht korrigieren indem man zuerst durch die Türe geht, den Hund als letztes mit Nahrung versorgt oder ähnlichen Tipps. Hier muss immer symptomatisch auf die jeweilige Situation eingegangen werden. Ihre Ausführungen zeigen aber das sie sich mit moderner Dominanztheorie niemals auseinandersetzte. Geht der Hund gegen den Willen des Besitzers auf jeden Besucher los so handelt es sich um Ignoranz dessen Führungsanspruches sofern er das Kommando kennt.
Hier hat die Futterschüssel oder die Türe nur zweitrangige Bedeutung, die aber nicht zu unterschätzen ist. Liegt eine Rangstörung vor so muss zusätzlich zur symptomatischen Behandlung auch auf anderen Gebieten klargestellt werden das man die Regeln bestimmt. Hunde sind keine Tyrannen und Hundealphas werden niemals jeden Regelverstoß ahnden, ja sie sind erstaunlich großzügig und schon ein Blick zeigt dem Missetäter, dass er etwas tut was er nicht darf – dennoch gibt es keinen Ärger für ihn.
Wird aber ein kompletter Herrschaftsanspruch in Frage gestellt so hat der Emporkömmling nichts zu lachen, er wird in allen Bereichen dominiert um ihm seine Stellung zu vergegenwärtigen. Nichts anderes ist die Türgeschichte – ein Zusätzliches Vorführen des richtigen Stellungswertes – auch auf scheinbar nebensächlichen Schauplätzen. Man darf jedoch nicht den Umkehrschluss wagen ein Hund auf dem Sofa, im Bett, der zuerst Fressen bekommt oder durch die Türen stürmt wäre automatisch ranghoch. Immer müssen andere Ursachen (Gewöhnung, unbewusste Erwartungshaltung des Besitzers, mangelnde Erziehung, Aufregung, . ) ausgeschlossen werden und bei weitem nicht immer ist dies auch behandlungswürdig.
Ist ein Hund aber dominant so muss man auch auf diesen Gebieten handeln. Hier haben Bücher wie dieses gute Arbeit geleistet und uns die Augen geöffnet, dennoch sind sie vordergründig und oft fanatisch – also dadurch in weiten Teilen unbrauchbar sofern sie als alleinige Lektüre dienen. Zusätzlich hinzugezogen aber vermutlich ein Segen für die Hunde. Es ist immer wichtig beide Seiten zu kennen um objektiv urteilen zu können.
Was bedeutet aber nun Dominanz, warum sind so viele Menschen zu Recht strikt gegen sie?
Dominanz bedeutet nichts anderes als sich gegenüber einem anderem Lebewesen durchzusetzen. Dominanz bedeutet nicht blind zu sein für die Bedürfnisse der Lebewesen, gar sie zu unterdrücken oder zu misshandeln. Hunde sind Opportunisten die immer auf Ihren Vorteil bedacht sind. Dies ist auch die anerkannte Meinung der Dominanzgegner. Leider lässt sich dieser Vorteil mit unserem Leben als Menschen in einer Gemeinschaft von Menschen nicht decken. Es müssen also Regeln her welche auch durchgesetzt werden können.
In ihrer Reinform beinhaltet die positive Bestärkung das Ignorieren von unerwünschtem Verhalten und das Belohnen von erwünschen Tätigkeiten. Sie hat aber Grenzen wenn das unerwünschte Verhalten eine stärkere Belohnung für den Hund darstellt als das erwünschte Verhalten. Es kann für den Hund ein viel stärkerer Reiz, eine höhere Belohnung sein ein Kaninchen zu jagen als die Folgen einer Ignoranz durch den Besitzer darstellen. Der Hund bestärkt sich dann selbst positiv – mit unerwünschtem Verhalten. Alleine ist positive Bestärkung also nicht zu händeln. Man benötigt eine Möglichkeit negatives Verhalten zu verhindern.
Die Jagd auf Nachbars Katze stellt unter Umständen für den Hund eine größere Belohnung dar als das Leckerlie oder der Klicker in unserer Hand – und was dann? Jedes Rufen, jedes Klickern in einer solchen Situation bringt nur den Lerneffekt das es nicht unbedingt nötig ist uns zu gehorchen – im Gegenteil: Gehorchen lohne sich nur wenn ordentlich was dabei rumkommt. Es muss also auch ein Mittel her um unerwünschtes Verhalten zu unterbinden – sonst geht es nicht. Früher – hauptsächlich unter der mittelalterlichen Dominanzansicht der 70´er Jahre zwängte man den Hund in Stachelhalsbänder, Würger, brach sie, warf nach ihnen mit Steinen oder Ketten oder machte Unterordnungsübungen bis der Hund nur noch unterwürfig hinter dem Besitzer herkroch. Dies kann es nicht sein und dies hat nichts mit Sachkenntnis zu tun. Leider ist diese Methode auch heute noch bei einigen Haltern gebräuchlich. Diese Methode nennt man positive Strafe (im Sinne von aktivem Hinzufügen unangenehmer Sachen). Zweifellos hilft sie sollte aber absoluten Kapitalverbrechen des Hundes vorbehalten ( wie es Hunde untereinander auch tun) sein und niemals in der normalen Grunderziehung eingesetzt werden. Ängstliche Hunde versaut man damit zumeist erst recht und sind sie ängstlich-aggressiv (Angstbeisser) so wird das Verhalten dadurch eher gefestigt werden. Hinzu kommt immer auch eine Verknüpfung der Strafe mit dem Besitzer.
Was bleibt uns aber sonst an Einflussnahme auf den Hund wenn das aktive Hinzufügen von unangenehmen Sachen wie es früher üblich war in der Regel unterbleiben sollte?
Eine Möglichkeit wäre das Hinweglassen von Privilegien auch negative Strafe (im Sinne von etwas Hinwegfallen lassen) genannt. Man kann beim zu wildem Spiel dies sofort unterbrechen, beim ziehen des Hundes um irgendwohin zu kommen Zwangspausen einlegen bis der Hund merkt das nur lockeres Gehen ihn zum Ziel bringt, man kann den Hund beim anspringen zur Begrüßung von dieser ausschließen indem man ihn kommentarlos auf den Platz schickt. Man kann ebenso das ihm in Krisensituationen als Anreiz vor die Nase gehaltene Leckerlie kommentarlos in die Tasche stecken und umkehren, . Dies ist die bessere Methode und sollte die Regel in der Problembewältigung sein.
Auch gibt es viele andere Methoden Hunden Wissen zu vermitteln oder unerwünschtes Verhalten zu ändern. Da gibt es die Konditionierung in ihren unterschiedlichen Formen, die Gewöhnung , Extinktion, Desensibilisierung und Sensibilisierung, und gezielte Verstärkung welche jedoch guten Grundgehorsam voraussetzt und folgende Versionen umfasst:
1 ) Gezielte Verstärkung von unvereinbarem Verhalten: Hier wird beispielsweise einem ziehendem Hund das Kommando Platz gegeben. Zweck: Ein liegender Hund zieht nicht. Einem andere Hunde beißenden Hund wird beigebracht einen Ball im Fang zu tragen - ein tragender Hund hat den Fang nicht frei, .
2) Gezielte Verstärkung von Alternativverhalten: Wird genommen wenn kein unvereinbares Verhalten möglich ist. Beispiel: Ein Kläffender Hund wird durch die Konzentration auf einen neuen Befehl vom Verhalten abgehalten. Nach und nach verbindet sich der Reiz mit dem Alternativverhalten.
3) Gezielte Verstärkung von verschiedenem Verhalten: Hier geht es darum das Nichtauftreten einer Verhaltensweise zu Belohnen. Beispiel: Einem auf andere Hunde aggressiv reagierendem Hund wird ein Leckerlie vor die Nase gehalten welches er erhält wenn er sich ruhig verhält.
4) Gezielte Verstärkung von herausragendem Verhalten: Hier geht es drum das Gelernte zu festigen und dem Hund das gewohnte Leckerlie nur noch zu geben wenn ein Befehl besonders schnell oder sauber durchgeführt wird. Diese Verstärkungssorten mit dem Entfernen von Privilegien und Vorteilen sollten ausreichen einen Problemhund zu erziehen. Wichtig ist jedoch eine Hundeschule um einen gewissen Grundgehorsam voraussetzen zu können. Als stärkste positive Strafe sollte ein seltener Schnauzgriff ausreichen – wir erinnern uns ja das wir auch ein Mittel brauchen wenn Nichtgehorsam den Hund stärker belohnt als Gehorsam dies täte.
Hat dies nichts mit Dominanz zu tun?
Stellen wir nicht dennoch die Regeln auf und setzen sie durch? Es geht nicht um das Thema Dominanz an sich sondern darum was wir darunter verstehen. Dominanz und Rangfolge wie Hunde es verstehen hat nichts mit Brechen einer Hundeseele zu tun – wer dies meint argumentiert naiv und hat sich nicht damit auseinandergesetzt – egal ob Anhänger oder Gegner der Dominanztheorie, er hat veraltete Ansichten. Oft höre ich den Vorwurf ich würde nicht über den Tellerrand hinausschauen. Meist sind dies Leute die Ihre Meinung weder begründen können noch lesen was ich überhaupt schreibe. Immer bisher jedoch waren es Leute die selbst nicht über Ihren Tellerrand schauen und niemals mit modernen Ansichten die Rangstruktur betrachteten. Sie gehen von mittelalterlichen Methoden aus welche kein Mensch heute mehr favorisiert. Sie sind genauso veraltet in ihrem Wissen wie die Puristen der Wolftheorie den man brechen müsse da sie diese als aktuellen Dominanzstand erahnen.
Ich finde es höchst bedenklich wenn junge Autoren – aus Angst vor den ehemals hundebrechenden Dominazmethoden diese komplett verleugnen und sich abenteuerliche geistige Verrenkungen erlauben um dieses Wort - in dessen Namen soviel Unheil an Hunden angerichtet wurde - zu vermeiden. So spricht man von gewachsenen Familienstrukturen beim Wolf in Expansionstendenz ohne sich deren Unübertrabarkeit bewusst zu sein, so spricht man von Hunden mit Kontrollkomplex oder ähnlichen abenteuerlichen Umschreibungen. In einem Buch (im übrigen sehr gutem Buch) wird in jedem Satz Lindsay´s „Handbook of aplied dog beahvior and trainig (2001)" als Beweis für die eigene These zitiert mit dem Hinweis an den Leser das Wort Dominanz durch Kontrollkomplex oder ähnliches zu erstezen.
Das kann es doch nicht sein. Man kann nicht etwas als Beweis heranziehen indem man die Kernaussage selbstständig komplett verändert. Die Dominanztheorie verkam zu einer falsch verstandenen. Es geht längst nicht mehr um die Bestie welche nur durch Härte bezwungen werden kann. Dominanz und Rangfolge bedeutet Vertrauen schaffen, den Schutz des Rudelführers zu vermitteln wie dies in Hunderudeln auch geschieht und dem Hund klare orientierende Strukturen zu vermitteln. Hundegehirne können auf sozialer Ebene nur in hierarchischen Strukturen denken und unsere Regeln ermöglichen es ihnen erst sich in unserer Welt im Wechselspiel zwischen Welpe der von uns ernährt und Rudelboss - welcher uns unter Umständen gar als blinde Menschen über die Strasse führt - zurecht zu finden. Auch Hunde nutzen diese Strukturen nicht um sich gegenseitig zu brechen sondern um sich zu stützen und um eine starke Gemeinschaft zu werden.
Machen wir als Besitzer also die Augen auf für hundgerechte Dominanz und Rangstrukturen. Wir müssen uns verabschieden vom Gedanken an einen und der nur drauf wartet uns als Chefs entthronen zu können. Wir müssen es sehen als das was es ist. Jede Art der Rangordnung, der Dominanz ist nicht drauf gerichtet die Rudelherrschaft zu übernehmen sondern unsere Welt für den Hund verarbeitbar zu machen.
Bieten wir ihm nicht das Umfeld was er braucht ist er gezwungen selbst orientierende Strukturen zu schaffen – ohne Hass und bösen Willen gegen den Besitzer. Wer also seinem Hund was gutes tun will sollte ihm diese Strukturen bieten – ohne Angst davor das Ding auch beim Namen zu nennen – vielleicht als Vorreiter eines neuen, hundgerechteren Denkens wie es einst zu ihrer Zeit die Gegner der Dominanztheorie waren, bis die Wissenschaft uns eines Tages wieder ein Stück näher an die Seele des Hundes führt. Falsch ist nicht die Tatsache, dass es Dominanz gibt und geben muss, falsch ist das was wir unter Dominanz verstehen.
Geschrieben von: Andreas Noll
In unserem Stundenplan können Sie sich einen Überblick über alle Kurse in der Hundeschule machen.
Dominanter hund
Ein Artikel unserer DOGS Partnerin Lenka Schlager (Martin Rütter DOGS Mödling/St. Pölten) für das YOUR DOG MAGAZIN
Seit mittlerweile mehr als 2 Jahrhunderten geistert das Schlagwort „Dominanz“ durch unsere Gehirne. Kaum ein Hundehalter bzw. -trainer kommt daran vorbei. Ein Schlagwort, unter dessen Deckmantel eine nicht zu beziffernde Anzahl von Hunden in der Ausbildung, Haltung und sogar Zucht unterdrückt und gequält wurden und werden.
Mit Schaudern erinnere ich mich an meine Kinder- und Jugendzeit zurück, wo der Spruch „Du musst deinen Hund brechen“ bzw. „zeig dem mal, wer der Rudelführer ist“ als die einzig wahre Erziehungsmethode angesehen wurde. Strom- und Stachelhalsbänder haben die wenigsten Menschen für eine Gegen-Wortmeldung hinterm Ofen hervorgelockt und der teilweise immer noch beliebte „Alphawurf “ gehörte in Hundeschulen zur täglichen Routine. Dies hat sich Gott sei Dank bereits in weiten Teilen des zumindest mitteleuropäischen Raumes verändert und die „Berufsgruppen“, die immer noch Strom und Stacheln in regelmäßigem Einsatz haben, gehören eher einer Minderheit an.
Dominanz ist in unserem heutigen Sprachgebrauch größtenteils mit Gewalt und Aggression verbunden. Positive Verstärkung wird immer als der goldene Weg bezeichnet. Doch ist das wirklich immer so? Und was ist Dominanz überhaupt? Den Begriff zu erklären ist nicht leicht. Wissenschaftler sind sich einig, dass sie sich nicht einig sind. Und natürlich vertritt jede Strömung der Hundeerziehung ihren ganz eigenen Standpunkt. Wie sehr oft, wenn unterschiedliche Standpunkte von Hundemenschen zu einer Diskussion führen, werden diese leider immer extrem emotional geführt, von Sachlichkeit keine Spur. Jeder versucht dem anderen seine Überzeugung aufzuzwingen – den anderen zu „dominieren“. Wir Menschen haben das untereinander also schon perfektioniert.
Wikipedia erklärt den Begriff Dominanz wie folgt: „Unter Dominanz versteht man in der Biologie und in der Anthropologie den Zustand, dass die einen Individuen gegenüber den anderen Individuen einen hohen sozialen Status aufweisen, worauf Letztere unterwürfig reagieren. Das Gegenteil von Dominanz ist Unterwürfigkeit oder Subdominanz. Dominanzhierarchien sind bei vielen Tieren einschließlich der Primaten zu finden und auch beim Menschen. Individuum A schränkt die Rechte und Freiheiten von Individuum B ein und gesteht sich selber diese Rechte und Freiheiten zu, was von B akzeptiert wird. Dominanz ist immer beziehungsspezifisch und ist zeit- und situationsabhängig.“ Glaubt man der Erklärung von Wikipedia, wird auf jeden Fall deutlich, dass es die vielfach beschriebene „angeborene Dominanz“ nicht geben kann. Denn wie soll ein einzelner Hund dominant sein, wenn zur Ausübung der Dominanz immer ein Beziehungsgeflecht gegeben sein muss? Es gehören demnach immer zumindest zwei oder mehrere Lebewesen dazu und es gibt de facto „DEN dominanten Hund“ nicht. Gerne schieben wir unerwünschtes Verhalten unserer Hunde auf dessen Dominanz anstatt uns mit den Ursachen dafür auseinanderzusetzen.
Gleichzeitig stellt sich hier die ganz wichtige Frage: Wie kommen Lebewesen zu einem hohen sozialen Status, um an ihre Privilegien zu kommen? Ist es immer mit Aggression verbunden, mit Stärke oder ev. sogar mit Ignoranz, Konsequenz, mit Cleverness? Vielleicht schauen wir uns vorab einmal die Entstehung der Dominanztheorien an. Die Dominanztheorie hat ihren Ursprung im frühen 19. Jahrhundert, genauer gesagt erforschte Pierre Huber 1802 erstmals Rangordnungen von Hummeln. 1922 wurde das Modell von Schjelderupp-Ebbe auf Wirbeltiere übertragen und dieser norwegische Zoologe beschrieb außerdem das Sozialverhalten von Hühnern und anderen Vögeln. Aus diesen Forschungen stammt der beliebte und übergreifend verwendete Begriff der „Hackordnung“. In den 60er- und 70er-Jahren wurde vermehrt zu diesem Thema Primatenforschung betrieben.
Die ersten bahnbrechenden Forschungen, welche immer noch die traditionelle Betrachtungsweise der sozialen Systeme von Wölfen darstellen, wurden 1947 von Rudolf Schenkel vor allem in Gehegesituationen, also in Gefangenschaft, beschrieben. Hier bedeutet Dominanz, dass ein Tier jederzeit gewisse Privilegien in Anspruch nehmen kann, wenn es das möchte. Wir können hier also schon einmal festhalten: Dominanz ist ein Privileg, die Möglichkeit und KEINE Pflicht seine Rechte durchzusetzen!
Neuere Dominanzkonzepte (wie z.B. von Irvin Bernstein, William A. Mason oder Carlos Drews) belegen sogar, dass für die Aufrechterhaltung der Rangordnung die Unterwerfung viel wichtiger ist als das Verhalten des Dominanten. Dominanz wird also von unten stabilisiert. Klar ausgedrückt, der Rangtiefere verzichtet freiwillig auf gewisse Ressourcen im Tausch gegen andere. Quid pro quo. Eine Rollenverteilung innerhalb einer Gruppe sichert zudem den Fortbestand der Gruppe. Demnach kein Überleben ohne Kooperation! Auch besagen die neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen aus dem amerikanischen Raum, dass in einem frei lebenden Wolfsrudel mehr eine Eltern-Kind-Familie stattfindet. Dies würde bedeuten: es gibt Handlungsspielraum innerhalb gewisser Regeln. So starre hierarchische Strukturen, wie es lange Zeit die Annahme war, treten nur dann auf, wenn Ressourcen knapp werden und die Möglichkeit zum Abwandern fehlt, wie in Gefangenschaft. Für mich stellt sich zudem – trotz zugegeben spannender Erkenntnisse aus der Forschung – immer wieder die Frage, ob wir die Untersuchungen an Wölfen, unabhängig ob frei oder in Gefangenschaft lebend, immer noch 1:1 auf unsere heutigen Haushunde übertragen können. Wir haben unsere Hunde über Jahrhunderte physisch und psychisch verändert – und das nicht immer zum Vorteil des Tieres. Provokant gesprochen: wir Menschen stammen ja auch vom Affen ab, lehnen wir uns deswegen immer an der Primaten-Forschung an? Wohl kaum.
Ich gehe jedoch komplett mit den neuesten Wolfsforschungen konform, dass das Vorhandensein einer Art von „Grundvertrauen“ zwischen Halter und Hund für das Zusammenleben absolut essenziell ist. Hier haben wir wieder die gesunde Eltern-Kind-Beziehung mit Regeln innerhalb eines Handlungsspielraums. Vielleicht beruhigt viele auch, dass die wenigsten unserer Hunde die Weltherrschaft anstreben und die meisten stark an einer Kooperation mit uns interessiert sind. Dies schon alleine aufgrund ihrer begrenzten Möglichkeiten, sich selbst zu versorgen. Regeln sind zudem in Wirklichkeit keine Verschlechterung für den Hund. Diese schaffen Klarheit. Klarheit, die wiederum Sicherheit gibt und wichtig ist für Unversehrtheit.
Natürlich bilden wir mit unseren Hunden kein klassisches Rudel – auch dieses wird höchst emotional diskutiert. Wir leben jedoch in einem Sozial- oder Familienverbund miteinander, wo jemand die Regeln festlegen muss und damit auch eine gewisse Führungsposition einnimmt. Wünschenswert in einer souveränen, ruhigen, selbstbewussten und stabilen Form, sodass unsere Hunde auch Sinn darin sehen, sich an uns zu orientieren und zwar ohne Zwang. Unser krampf haftes Bemühen um Dominanz hindert uns schließlich oft daran, die wirklichen Bedürfnisse unserer Hunde zu erkennen, mal loszulassen und einfach die Gesellschaft unserer wundervollen Hunde zu genießen.
Hundeschulen
Newsletter
Abmeldung jederzeit über den Abmeldelink im Newsletter möglich
DOGS Imagefilm
Kennen Sie schon unseren DOGS Imagefilm?
Auch die DOGS Clips sind nach wie vor verfügbar.
Dominanz und Problemverhalten beim Hund
Vorweg eine wissenschaftliche Definition von Dominanz:
„Unter Dominanz versteht man in der Biologie und in der Anthropologie den Zustand, dass die einen Individuen gegenüber den anderen Individuen einen hohen sozialen Status aufweisen, worauf letztere unterwürfig reagieren. Das Gegenteil von Dominanz ist Unterwürfigkeit bzw. Subdominanz. Dominanz-Hierarchien sind bei vielen Tieren einschließlich der Primaten zu finden und auch beim Menschen. Individuum A schränkt die Rechte und Freiheiten von Individuum B ein und gesteht sich selber diese Rechte und Freiheiten zu, was von B akzeptiert wird. Dominanz ist immer beziehungsspezifisch und ist zeit- und situationsabhängig.“ (Quelle: de.wikipedia.org)
Zeigt der Hund Dominanz?
Dies bedeutet, dass Dominanz keine Charaktereigenschaft ist, sondern etwas über die Beziehung zwischen zwei Individuen aussagt. Oder anders: das eine Individuum kann nur so dominant sein, wie das andere Individuum dies zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation zulässt.
Unter Hunden geht eine dominante Position oft einher mit dem Vorrecht zur Paarung und dem Einfordern von Respektsbekundungen. Inwieweit der dominante Hund den unterlegenen Hund einschränkt, hängt sehr vom individuellen Charakter ab. Meist beschränkt es sich auf das situationsabhängige Einfordern einer Individualdistanz und eines insgesamt respektvollen Verhaltens. Einige Hunde bestehen auch auf ihre Lieblingsliegeplätze oder verteidigen ihr Spielzeug gegenüber ihrem hündischen Mitbewohner.
Dagegen stimmt es nicht, dass der dominante Hund sich grundsätzlich nicht auf Spielaufforderungen des rangniedrigeren einlässt oder dass der untergeordnete Hund selbst in Abwesenheit des dominantenHundes nie an dessen Futter oder Liegestelle gehen würde. Ebenso dürfen Rangniedere sich frei bewegen (sofern sie keinen Ranghohen dabei stören) sowie eigenständig jagen (z.B. Mäuse) und ihre Beute auch gegen Ranghohe verteidigen. Aufgaben sind meist verteilt. Nicht nur Ranghohe sind für das Wachen zuständig und es gehen auch nicht immer die Ranghohen vorne weg. Zu einer ranghohen Position gehören allerdings meist ein souveränes, sicheres und selbstbewusstes Auftreten, Führungskompetenz und eine gewisse Lebenserfahrung. In schwierigen Situationen wird dem Ranghohen zugetraut, dass er die Situation richtig einschätzen kann und eine angemessene Reaktion vorgibt.
Umso verwunderlicher ist es, dass viele Menschen hinter jedem unerwünschten Verhalten ihres Hundes gleich Dominanz vermuten und ein großes Regularium zur Eindämmung von Dominanzverhalten aufstellen. Es mag einfach und verlockend klingen, dass sich alle Erziehungs- und Verhaltensprobleme alleine durch die Einhaltung einiger Verhaltensregeln lösen lassen. Man hört und liest es immer wieder: der Hund zieht an der Leine, kommt nicht, wenn man ihn ruft oder verteidigt Ressourcen: das muss Dominanz sein. Dann gibt es Regeln wie: immer zuerst essen, vor dem Hund durch die Tür gehen, den Hund nicht aufs Sofa lassen und automatisch sollen sich alle Probleme in Wohlgefallen auflösen… Aber stimmt das wirklich?
Was ist es, wenn nicht Dominanz?
Orientierung des Hundes an seinem Menschen
Eine wichtige Rolle, ob ein Hund sich auch in kritischen Situationen an seinem Menschen orientiert, spielt Vertrauen. Vertrauen des Hundes darauf, dass sein Mensch die Situation im Griff hat, richtige Entscheidungen trifft und ihn beschützen kann. Gerade aggressives Verhalten des Hundes wird gerne mit Dominanz erklärt, obwohl Aggressivität meist aus Angst geboren wird. Ursachen können schlechte Erfahrungen sein, schlechte Sozialisierung oder ein generell unsicheres, nervöses Wesen. Vermittelt der Mensch seinem Hund dann keine Sicherheit und dass er sich kümmert, wird der Hund somit gezwungen, die für ihn gefährlich scheinende Situation selbst zu lösen. Ein unsicherer Hund ist damit aber überfordert und schießt oft über das Ziel hinaus.
Ebenso ist es wichtig, dass der Hund seinen Menschen einschätzen kann. Dazu gehört, dass der Mensch seinem Hund ein klares Feedback gibt, dass der Hund einordnen kann. Ein Hund lebt im Hier und Jetzt, er wird es nicht verstehen, für eine Tat bestraft zu werden, die in der Vergangenheit liegt. Sowohl Lob als auch Strafe müssen unmittelbar erfolgen, um dem Hund ein Lernen zu ermöglichen und ihn nicht zu verunsichern. Auch kennen Hunde keine Ausnahmen. Was soll der Hund verknüpfen, wenn man ihn an einem Tag selbst entscheiden lässt, wie lange er auf ein Platz-Kommando hin liegen bleibt und am nächsten Tag straft man ihn dafür? Oder wenn man sich eine Zeit lang von seinem Hund durch die Gegend ziehen lässt, bis man irgendwann die Nase voll hat und für den Hund aus heiterem Himmel ein geschnauztes “Fuß” und zeitgleich ein Ruck kommt. So scheitert es eher selten an der Dominanz des Hundes, sondern eher an mangelhafter Kommunikation oder Inkonsequenz des Menschen, wenn etwas nicht so klappt, wie Mensch es gerne hätte.
Vieles, was als Dominanz bezeichnet wird, liegt auch darin begründet, dass Hunde gerne Aufmerksamkeit bekommen, gerne gestreichelt werden, gerne fressen oder gerne bequem liegen. Sie sind in diesen Punkten Egoisten: Warum sollten sie auf etwas Angenehmes verzichten, wenn sie nicht müssen? Warum sollten sie nicht zumindest versuchen, ob nicht doch Futter, ein Spiel oder Streicheleinheiten zu bekommen sind? Hunde probieren verschiedene Strategien aus, um ihre Ziele zu erreichen, aus Genussgründen, nicht zur Übernahme der Rudelherrschaft. Es liegt am Menschen, ob der Hund mit einem Vorgehen Erfolg hat und es in Zukunft öfter zeigt oder eben nicht.
Ein letzter Punkt: es ist für sozial lebende Wesen unabdingbar, die Regeln des Zusammenlebens in einer Gruppe zu lernen. Dazu gehört auch, dass ein Hund austestet, was sich für ihn lohnt und welches Vorgehen für ihn welche Konsequenzen hat. Dies tut er nicht, um die Rudelführung zu übernehmen, sondern es gehört dazu, wenn er sich in seiner Umwelt zurecht finden will. Wichtig ist, dem Hund eine verlässliche Führung zu geben, ihm aber auch seine Grenzen aufzuzeigen.
Problemverhalten:
keine leichte Wahl: auf den Abruf hören oder jagen gehen?
Die Gründe können vielfältig sein. Der Hund hat das Kommando noch nicht verstanden oder es noch nicht genügend generalisiert. Der Hund ist extrem abgelenkt. Der Hund ist gestresst oder ängstlich. Oder der Hund sieht keinen Grund zu hören. Es kann tatsächlich sein, dass der Hund den Menschen (in dieser Situation) nicht als kompetente Führungspersönlichkeit erlebt, deshalb abwägt, inwiefern die Anweisungen seines Menschen Sinn machen und sich gegebenenfalls anders entscheidet. Ein weiterer Punkt ist, dass Hunde sehr viel mehr auf Stimmungen und Körpersprache reagieren, als auf gesprochene Worte. So kann es durchaus sein, dass der Mensch seinem Hund tatsächlich etwas völlig anderes vermittelt, als er mit dem Kommando eigentlich möchte.
Tatsächlich geben sich Hunde untereinander keine Kommandos im Sinne von „Tu dies“. Sie teilen eher mit: „lass mich in Ruhe“, „dies ist meins“ oder „hör mit dem Blödsinn auf“. In frei lebenden Wolfsrudeln orientieren sich die Nachwuchswölfe an den Verhaltensvorgaben ihrer Eltern, weil es Sinn macht. Junge Wölfe spielen und springen umher bei Wanderungen, irgendwann merken sie, dass es wesentlich Kräfte sparender ist, im gleichmäßigen Trab oder bei Schnee in der Spur der Alttiere zu laufen. Auch das koordinierte jagen lernen sie dadurch, dass sie sehen, die Alttiere haben Erfolg mit ihrem Vorgehen. Kommandos in dem Sinne gibt es nicht.
Im Zusammenleben mit dem Menschen in eng besiedeltem Raum ist es jedoch unabdingbar, dass Hunde lernen, auf bestimmte Kommandos zuverlässig zu hören. So kann man ihnen mehr Freiheit geben, ohne dass sie sich in Gefahr bringen oder andere belästigen. Um auf ein menschliches Kommando zu hören, muss der Hund es richtig verknüpfen, generalisieren und er braucht auch einen guten Grund, es zu befolgen. Nehmen wir als Beispiel das Kommando „Sitz“. Da es unter Hunden kein natürliches Verhalten gibt, mit dem Hund A Hund B mitteilt, dass er sich setzen soll, müssen wir es dem Hund mit menschlichen Mitteln beibringen. Am Anfang steht, dass der Hund seine Position (Hintern auf dem Boden) mit dem Lautzeichen „Sitz“ verbindet. Z.B. zwingt der Mensch den Hund körperlich in diese Position oder er lockt ihn über Futter oder clickert (Clicker-Training). Bald setzt sich der Hund tatsächlich auf das Kommando hin. Aber warum tut er das? Bringt man dem Hund das Kommando über körperliche Einwirkung bei, so lernt der Hund, dem unangenehmen Gefühl zu entgehen, wenn er sich „freiwillig“ setzt. Arbeitet man über Belohnung, lernt er, es folgt etwas Angenehmes, wenn er sich auf das Signal hin setzt. Was denkt der Hund heißt „Sitz“? Meist bringt man dem Hund das „Sitz“ vor oder neben sich bei. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Hund denkt „Sitz = mein Hintern berührt den Boden, während ich mich vor meinem Menschen befinde“. Ebenso kann er verbinden, dass es eine bestimmte Unterlage, ein Teppich z.B., dazu gehört. Und woher soll der Hund wissen, wie lange er sitzen bleiben soll? „Sitz“ für längere Zeit oder aus der Bewegung oder im Freien oder auf Distanz ist für den Hund erst mal wieder etwas völlig Neues. Ebenso, sich zu setzen, wenn sein Mensch flach auf dem Boden liegend oder mit dem Rücken zum Hund oder auf Stelzen laufend das Kommando gibt. Oder auch aus dem Platz-Kommando heraus „Sitz“ zu machen. Dass der Hund lernt, dass „Sitz“ in all diesen Situationen das Gleiche bedeutet, nennt man „Generalisieren“. Ganz wichtig ist, dass der Mensch für sich selbst definiert, was genau er unter Sitz versteht und auch, ob er ein Auflösungskommando (wenn, dann immer!!) verwenden will. Und nach wie vor braucht der Hund einen Grund, zu hören. Z.B. Angst vor Strafe oder Hoffnung auf Lob. Nach vielen Wiederholungen kann die Verknüpfung im Gehirn aber so stark werden, dass das Befolgen des Kommandos ein Automatismus wird, zumindest in reizarmen Situationen. Die Gründe, warum ein Hund selbst auf so ein scheinbar einfaches Kommando wie „Sitz“ nicht hört, sind also vielfältig und haben mit Rangordnung und Dominanz meist nichts zu tun.
Mein Hund stürmt als Erster durch die Tür
Es gibt Hunde, die tatsächlich von Rangniederen erwarten, dass diese nicht respektlos rempelnd und bellend an ihnen vorbei stürmen. Der Rangniedere wiederum kann lernen, sein Verhalten entsprechend anzupassen. Dagegen gibt es keine Regel unter Hunden, dass der dominante Hund immer als erster durch eine Tür geht oder auch immer vorne weg geht. Die Dominanz wird dadurch ausgedrückt, dass der Ranghöhere in der jeweiligen Situation seinen momentanen Willen durchsetzen kann.
Den meisten Hunden, die in Mehrhundehaltung der dominante Part sind, ist es egal, ob ein Rangniederer vor ihnen durch die Tür stürmt. Gerade junge Hunde sind oft voller Tatendrang und Energie und können es kaum erwarten, raus zu kommen, während die Alttiere gelassener reagieren. Die jüngeren stellen dadurch nicht die Rangordnung in Frage, sie sind lediglich übermütig.
Falls es für einen Menschen einen guten Grund gibt, den Hund nicht vor sich durch die Tür gehen zu lassen (z.B. weil diese direkt auf den Bürgersteig mündet), macht die Regel, selbst vorne weg zu gehen, natürlich Sinn. Ansonsten ist es für die Rangordnung nur insofern von Belang, dass der Mensch eine Regel aufstellt und auch durchsetzt. Das kann aber auch jede beliebige andere Regel sein.
Mein Hund zieht an der Leine
Mit Dominanz hat das Ziehen an der Leine in den seltensten Fällen etwas zu tun. Oft ist dieses Problem hausgemacht. Der Welpe zieht irgendwohin, Mensch denkt sich “prima, er will zum Grünstreifen, hoffentlich macht er da auch und nicht wieder in die Wohnung” oder Welpe zieht irgendwohin und Mensch denkt sich “wie süß, der hat Interesse an xy” oder Hund zieht zwar, aber Mensch hat es eilig, also lässt er mal Fünfe gerade sein und es durchgehen. Hund verknüpft in jedem Fall: Zug = ich komme da an, wo ich hin will. Tatsächlich könnte man dem Hund in einigen Fällen auch genauso gut eine Leckerlie fürs Ziehen geben.
der Versuch, das Leinentraining dem “dominanten” Althund zu überlassen…
Ein Welpe zieht dabei nicht, weil er stur ist oder austesten will. Er sieht einfach herzlich wenig Sinn darin, neben seinem Besitzer herzudackeln, wenn die Welt so aufregend ist, er spielen und alles erkunden will. Und für einen Welpen, der gerade mal ein paar Wochen auf der Welt ist, ist ungefähr alles spannend. Dazu kommt, dass das Grundtempo eines Hundes höher ist, als das eines Menschen. Der Hund trabt, wenn er sich ausdauernd und gleichmäßig vorwärts bewegen möchte, der Mensch dagegen geht. Ein Hund hat außerdem ein Ziel, einen Grund, sich vorwärts zu bewegen. Er geht nicht bummeln oder genießt die schöne Natur. Ein Hund erkundet, wacht, markiert oder wartet auf Aufgaben. Eine Leine ist für Hunde erst mal eine nicht nachvollziehbare Einschränkung, wobei sich für den Hund das Problem am anderen Ende der Leine befindet. Auf Druck erfolgt Gegendruck, auf Zug folgt Gegenzug. Es ist eine natürliche Reaktion: drückt oder zieht jemand an uns, stemmen wir uns automatisch dagegen.
Grundlage für eine gute Leinenführigkeit ist, dass sowohl Hund als auch Halter die Leine positiv sehen, mit Nähe und Gemeinsamkeit gleich setzen. Sinnvolle Maßnahmen zum Aufbau der Leinenführigkeit sind, sich nie (!) in die Richtung zu bewegen, in die der Hund gerade zieht und dem Hund eine Anleitung und Feedback zu geben, welches Verhalten erwünscht ist und welches unerwünscht.
Mein Hund übernimmt die Aufgabe des Wachens
Wölfe bellen nicht und gehen Konfrontationen im Zweifelsfall eher aus dem Weg, um die eigene Unversehrtheit zu sichern. Im Laufe der Domestikation wurde aber Seitens der Menschen viel Wert darauf gelegt, dass Hunde wachen und schützen. Durch Bellen zu melden und im Zweifelsfall nicht zu flüchten, sondern nach vorne zu gehen, ist damit vom Menschen gewollt und angezüchtet. Umso verwunderlicher ist es, dass einige Menschen nun denken, der Hund sei dominant, wenn er sich so verhält.
Dabei bringen Hunde, je nach Naturell und Rasse, unterschiedlich viel Bereitschaft zum Wachen mit. Bellt der Hund, obwohl sein Mensch dies nicht möchte, so kann das unterschiedliche Ursachen haben. Z.B. kann der Hund viel natürlichen Wachtrieb mitbringen und/oder den Eindruck haben, es kümmert sich sonst keiner kompetent um diese Aufgabe. Er übernimmt das Wachen somit im Dienst des Rudels und nicht unbedingt, um in allen Bereichen Rudelführer zu werden. In dem Fall ist der Mensch gefragt, an sich selbst zu arbeiten, sicherer und souveräner aufzutreten und dem Hund zu vermitteln, wann sein Eingreifen erwünscht ist und wann nicht. Es geht um eine Art “Grundvertrauen” des Hundes in die Fähigkeit des Menschen. Die meisten Hunde sind froh, nach dem Melden ein Feedback, eine Einschätzung oder Rückendeckung von ihrem Menschen zu bekommen. Wird der Hund ignoriert, muss er sich selbst Strategien überlegen. Wird mit ihm geschimpft, wird er nicht verstehen weshalb und die vermeintliche Gefahr wird auch nicht geringer für ihn. Bei einem Hund mit Wachtrieb kommt hinzu, dass er mit zunehmendem Alter nicht mehr ängstlich meldet, sondern an Selbstvertrauen gewinnt und die Situation durchaus gerne selbst löst.
Mein Hund verteidigt Futter
eine tolle Beute teilt man nur ungern
Sowohl bei Wölfen als auch unter Hunden darf der Rangniedere sein erobertes oder selbst erbeutetes Futter verteidigen. Im Zusammenleben mit Menschen ist dieses Verhalten jedoch höchst unerwünscht. Eine Möglichkeit ist es, dem Hund beizubringen, nichts ohne Erlaubnis des Menschen zu nehmen und zu üben, dass der Hund den Menschen in der Gegenwart von Futter positiv wahrnimmt. Z.B. kann man dem Welpen den Knochen halten, während er darauf herum kaut oder viel aus der Hand füttern oder Futter zusätzlich in den Napf geben, während der Hund frisst. Dagegen sollte die Aufnahme von Futter oder draußen Gefundenem ohne Erlaubnis tabu sein (siehe nichts vom Boden fressen). Das Ziel ist, dass der Hund keinen Grund sieht, etwas verteidigen zu müssen. Wenn der Hund Menschen in der Nähe seines Futters positiv oder neutral wahrnimmt, hat er keinen Grund zu knurren oder zu beissen.
Eine andere Möglichkeit ist, dem Hund immer wieder sein Futter wegzunehmen und ihn zu bestrafen, wenn er aufmuckt. Allerdings lernt der Hund so auch, dass es wirklich unsagbar doof ist, wenn sich Menschen ihm beim fressen nähern, er sich aber bei diesem einen Menschen nicht wehren kann. Die Frage ist, ob dieser Hund bei z.B. einem fremden Kind nicht endlich mal die Chance sieht, sich zu wehren…
Dieser Punkt dürfte am wenigsten mit Dominanz zu tun haben. Der Nachwuchs in Hunde- oder Wolfrudeln bettelt um Futter und wird entsprechend versorgt. Wäre dies nicht so, müssten Rangniedere Jungtiere ohne Jagderfahrung schlicht verhungern, was sich das Rudel nicht leisten kann. Beobachtungen in einem schlecht gehaltenen Wolfsrudel in Gefangenschaft haben gezeigt, dass selbst in Zeiten von Futternot rangniedere Tiere ihren Anteil erhalten. Ranghoch zu sein bedeutet somit in erster Linie, sich gut um das Wohlergehen des Rudels zu kümmern und nicht, um jeden Preis Privilegien und Vorteile für ich selbst durchzusetzen. Hunde betteln, weil sie die Hoffnung auf Futter haben. Wenn sie durch Betteln nie Erfolg haben, werden sie dieses Verhalten einstellen, es lohnt sich nicht. So liegt es alleine am Menschen, ob er einen bettelnden Hund hat oder nicht.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Aussage, ein Hund sei dominant, wenn er beim Essen der Familie unter dem Tisch liegt. Wäre er wirklich dominant, würde er dann nicht einfach auf den Tisch springen und sich das Essen nehmen?
Ähnliche Artikel
Diskussionsbereich
Begriff eingeben
Gebe einen Begriff ein, über den du mehr erfahren möchtest!
Vielen Dank
Dein Feedback wurde an uns gesendet.
Kategorien
Anbieter
Oberberg-Online Informationssysteme GmbH
Dominanter hund
Liebe Hundefreunde und Welpen-"Eltern",
am Sonntag, den 25.02. findet wegen der angesagten extremen Kälte leider keine Welpenspiel- Lernstunde statt.
Auch Erziehungs- und Ausbildungskurse müssen pausieren zu Eurem und Eurer Vierbeiner Wohle.
Bei uns geht´s weiter, sobald die Außentemperaturen wieder über dem Gefrierpunkt liegen - Wuff . . !!
Welpenspiel
Welpenspielstunden in der Hundeschule München Im Alter von 8 Wochen bis zu ungefähr seinem 5. Lebensmonat gilt ein Hund als Welpe. Ab dem Zahnwechsel spricht man vom Junghund. Welpen nehme ich bewußt erst ab der 10. Lebenswoche, damit der kleine Schutzbefohlene vorher genügend Zeit zur Eingewöhnung hat, sich auf seine neuen Besitzer mit deren Umfeld zu prägen und Vertrauen aufzubauen. Mit 10. read more
Meisterklasse: Begleithundeausbildung
Meisterklassen: Begleithundeausbildung in der Hundeschule Astrid Cordova in München Meisterklasse ist die komplette Ausbildung des weltweit anerkannten Begleithundes. Nach solch professionellen Kursen steht der Weg offen für das Erlangen einer VDH-Begleithunde-Prüfung (siehe unsere Artikel Begleithundeprüfung und Was ist ein ausgebildeter Familien-Begleithund?) Bei dieser. read more
Philosophie
Philosophie der Hundeschule München Astrid Cordova Unsere Hundeschule konzentriert sich auf die gezielte Ausbildung des Familienbegleithundes mit Schwerpunkt auf die Sicherheit des Hundes im Straßenverkehr und in der Öffentlichkeit wobei unser oberstes Anliegen stets das sensible Zusammenbringen des Hundes mit seinem Halter für ein harmonisches Zusammenleben bleibt. Mit viel Geduld und. read more
Philosophie
Philosophie der Hundeschule München Astrid Cordova Unsere Hundeschule konzentriert sich auf die gezielte Ausbildung des Familienbegleithundes mit Schwerpunkt auf die Sicherheit des Hundes im Straßenverkehr und in der Öffentlichkeit wobei unser oberstes Anliegen stets das sensible Zusammenbringen des Hundes mit seinem Halter für ein harmonisches Zusammenleben bleibt. Mit viel Geduld und. read more
Neugierig-temperamentvolle Welpen werden zu oft als „zu dominant“ dargestellt. Lebhafte Junghunde werden ebenfalls meist als zu dominant bezeichnet mit der Empfehlung an deren Besitzer, sie kastrieren zu lassen, auf Grund der festgestellten vorhandenen bzw. künftigen Dominanzprobleme. Solche Behauptungen sind unsinnig, solche Empfehlungen entwürdigend-kriminell. Sollte sich nun jemand nach diesen Aussagen betroffen fühlen, dann wäre vielleicht in Erwägung zu ziehen, ob nicht ein anderer Beruf hätte zur Wahl stehen sollen. Die Mehrzahl von Veterinären plädieren gegen unnötige Kastrationen (selbst wenn sie gewinnbringend sein mögen). Der Vergleich „Dominante Hunde = Problemhunde“ ist schlichtweg unrichtig. „Echte“ ranghöhere Hunde treten eher selten auf. Die Mehrzahl unserer Familienhunde sind in der Regel „normal gelagerte“ Hunde!
Über Kastrationen
Laut Tierschutzgesetz darf Tieren ohne vernünftigen Grund weder körperliches noch psychisches Leid und Schaden zugefügt werden. Im diesen Sinne sollen Hunde nur kastriert werden, wenn medizinische Notwendigkeit vorliegt. Sonst angewandte „routinemäßige“ Kastrationen in Tierheimen sind nach der letzten Formulierung des Tierschutzgesetzes niedergelegt.
Kastration im Junghundealter ist außerdem ein Eingriff in das biologische Wachstum und auf die Wesenentwicklung des Hundes selbst. Kastration bei Hündinnen sollte je nach Entwicklungsstand nach der ersten oder besser zweiten Läufigkeit stattfinden. Außer einer medizinischen Notwendigkeit, wird die Kastration von Rüden bei bestimmten Weseneigenschaften empfohlen, welche sind:
- gesteigerte Aggressivität gegenüber Artgenossen
- Rivalitätsverhalten (Kampfhundeigenschaft)
- gesteigerter Fortpflanzungstrieb (Sexualtrieb).
Ausser diesen drei Begründungen für die Kastration eines Rüden stellen alle Ratschläge zu dieser aus anderen Aspekten unnötige Eingriffe dar. Einer so leichtfertig empfohlenen Kastration sollte Misstrauen entgegen gebracht werden und nachdenklich stimmen, ob man die richtige Hundeschule besucht oder beim Tierarzt seines Vertrauens ist. Verhaltensprobleme werden meist nicht durch Kastration beseitigt sondern allein durch die richtige und gewissenhafte Handhabung bei der Erziehung des Hundes gelöst.
Kastration – ja oder nein?
Über Dominanzverhalten
Dominanz bedeutet dominieren über Andere. Hunde mit solch vereinfachter, genereller Formulierung begegnet man nur vereinzelt. Es gibt aber Hunde, die nur bestimmte oder mehrere Dominanzverhalten zeigen, ansonsten sind sie „normal“.
Zum Beispiel: ein Hund bewacht sein Haus (Territorial- Verhaltenkomplex), aber ist nicht in der Lage, es aggressiv zu verteidigen. Ein anderer Hund ist aggressiv-dominant gegenüber Fortpflanzungsrivalen aber in anderen Situationen reagiert er ängstlich- unsicher. Der Hund kann Dominanz demonstrieren in Situationen, die für ihn wichtig erscheinen, bei anderen Situationen zeigt er sich neutral oder sogar unsicher.
Der selbstbewusste Hund wird fälschlicherweise als aggressiv und „böse“ abgestempelt. Aggression ist eine genetische, individuelle Eigenschaft, die nicht unbedingt in Verbindung mit der Wesenstärke des Hundes steht (ranghöherer Hund). Ein wesenstarker-selbstbewusster Hund ist in der Lage, sich in Stress-Situationen zu kontrollieren, bei Belastung eher überlegen entgegen eines wesenschwachen, meist bissigen Hundes (Angstbeißer). Der wesenstarke Hund wird von Hundekennern bevorzugt; seine natürliche Dominanz ist im keinem Fall eine Krankheit, die mit Kastrationen zu bestrafen wäre.
Комментариев нет:
Отправить комментарий